hört auf den Sound der Stadt

THOMAS MAUCH

Soll keiner sagen, man hätte ihn nicht rechtzeitig aufmerksam gemacht auf die Möglichkeit zu einer Audienz mit der in feinsten Marmor gemeißelten Rock- und Popgeschichte, sogar mehrfach und damit eigentlich alle Bedürfnisse abdeckend sortiert, bitte sehr: 1.) Auftritt der großen Kunst – Yoko Ono. Kommt am 17. Februar in die Volksbühne mit der Plastic Ono Band. Leider ohne John Lennon. 2.) Auftritt des großen Pop – The Jacksons. Die Motown-Brüder, am 18. Februar im Tempodrom. Leider ohne Michael Jackson. 3.) Auftritt des großen Charismatikers des Rock – Neil Young. Noch ein Weilchen hin. Er spielt am 2. Juni in der Waldbühne. Glücklicherweise mit Crazy Horse.

Das mag man vorsorglich in seinem Kalender notieren, und schon mal probewohnen in der Rockgeschichte kann man bereits am Sonntag im Wild at Heart (Wiener Straße 20, 22 Uhr, 13 Euro) mit Faster Pussycat aus Los Angeles, die – wenn auch einige Nummern kleiner als der oben angeführte Promireigen – Ende der achtziger Jahre doch richtig erfolgreich waren. Machen weiterhin einen ordentlich gewuchteten und schön speckigen Hardrock, wie es sich wohl gehört, wenn man mit einem Halbsatz aus einem Russ-Meyer-Film als Bandnamen unterwegs ist. Und sind natürlich vor allem bezüglich der Stilfragen interessant. Schließlich firmiert ihr Metier als Sleaze Rock: sleaze wie schäbig. Also gepflegtes Rebellentum, ein Underdog-Gestus, etwas Punk-Input. Kombiniert mit aufgerüschten Klamotten und toupiertem Haar. Also Glam Metal. Abgespreizter kleiner Finger. Aber das eine (Sleaze Rock) klingt sowieso tupfengleich wie das andere (Glam Metal).

Und zur Demonstration eines auch aktuell angespitzten Modebewusstseins empfiehlt es sich, gleich am 18. Januar das frische und schlicht „Dagobert“ geheißene Album von Dagobert unter den Arm zu klemmen. Erscheint an diesem Tag bei Buback, ansonsten home of Deichkind, Die Goldenen Zitronen oder F.S.K. Wobei der in Berlin siedelnde Schweizer mit einer eindrucksvollen Lebensgeschichte, die zum Beispiel von einem mehrjährigen Retreat in der Schweizer Bergeinsamkeit weiß, schon ein wenig anders klingt in seiner Musik mit dem ganzen Herz, dem Schmerz und der Dringlichkeit im Gesang und in den Liedern, bei denen manche an Jochen Distelmeyer oder Jens Friebe denken und ich an Christian Anders („Es fährt ein Zug nach Nirgendwo“). Schlager ist nicht allweil pfui. Zu überprüfen mit Dagobert gleichfalls am Sonntag bei der Pierreversion im Fluxbau (Pfuelstr. 5, 16 Uhr, 5 Euro).

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