Vor Ekelfleisch zu spät gewarnt

SPD-Politikerin: Bayerische Regierung wusste seit langem von dem Fleischskandal. Die streitet das ab und kritisiert die Zollfahnder wegen zu später Information. Diese wiederum verweisen auf ihre Pflicht zu wasserdichter Ermittlung

MEMMINGEN taz ■ Wurden die Verbraucher über die Verwendung von Fleischabfällen in Lebensmitteln zu spät gewarnt? Das glaubt zumindest Susann Biedefeld, die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag. Sie vermutet, dass Ministerpräsident Edmund Stoiber und die zuständigen Minister Josef Miller und Werner Schnappauf schon im Juli Bescheid wussten über die Ermittlungen – und trotzdem die Öffentlichkeit nicht darüber informierten. Bundesverbraucherminister Jürgen Trittin (Grüne) nannte das Vorgehen einen „unglaublichen Vorgang“.

Die bayerische Staatsregierung verwahrt sich gegen den Vorwurf. Sie habe von dem Vorgängen erst am 11. Oktober erfahren. Die Memminger Staatsanwaltschaft kontert, sie hätte frühzeitig den Generalstaatsanwalt informiert. Der angegriffene bayerische Verbraucherminister Schnappauf wiederum wirft der Bundeszollverwaltung vor, ihn zu spät informiert zu haben.

Kein Zollfahnder sei berechtigt, direkt an Ministerien zu berichten, sagen die zuständigen Zollbeamten zu dieser Kritik. Ihr Job sei es, einen Verdacht wasserdicht zu ermitteln, um keine Schadensersatzansprüche zu provozieren. „Uns ist es doch zu verdanken, dass die ganze Sauerei überhaupt aufgeflogen ist, wir haben Tage und Wochen oft bis Mitternacht ermittelt“, ärgert sich ein Zollbeamter hinter vorgehaltener Hand über die Schnappauf-Vorwürfe.

Als die zügig durchgeführten Ermittlungen so weit gediehen waren, dass von einer gesicherten Beweislage ausgegangen werden konnte, habe man die nötigen Durchsuchungen veranlasst und umgehend die zuständige Staatsanwaltschaft informiert.

Unklar ist nach wie vor, wie und wo genau die Umdeklarierung der Schlachtabfälle, die eigentlich nur für Tierfutter verwendet werden dürfen, zu Lebensmitteln erfolgt ist. Bei den Schweineschwarten ließe sich das relativ leicht im Lastkraftwagen während des Transports erledigen, heißt es in Fahnderkreisen. Schwieriger sei es allerdings bei Geflügelgerippen. In diesem Falle müssten irgendwo die unappetitlichen Abfälle klein gemahlen oder tausende von Hühnerköpfen per Hand aussortiert werden.

KLAUS WITTMANN

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