Berlinmusik
: Raum und Zeit

Die Zukunft kann auch schön werden. Viel deutet ja gegenwärtig nicht darauf hin, doch das sollte kein Grund sein, auf so etwas wie positive Szenarien zu verzichten. Saroos machen das auf ihrem aktuellen Album „Tardis“ vor. Das Trio, bestehend aus Florian Zimmer, Christoph Brandner und Max Punktezahl, die alle in anderen Projekten aktiv sind, darunter The Notwist (Punktezahl), bewegt sich in seiner Musik frei zwischen Post-, Krautrock und Elektronik, wobei das Hauptaugenmerk den zurückgelehnteren Aspekten des Musizierens gilt.

Der Titel Tardis – das Akronym steht für Time And Relative Dimension In Space – spielt auf die britische Fernsehserie „Dr. Who“ an, in der die Bezeichnung für Maschinen benutzt wird, mit denen man durch Raum und Zeit reisen kann. Eine echte Zeitreise haben Saroos allerdings nicht im Sinn, sie wollen Zeit und Raum mit heutigen Mitteln erkunden, lassen ihre Klänge in die Weite streifen, gestatten, sich in der Dauer zu entfalten, ohne Eile, ohne klar umrissenes Ziel, doch nie ohne innere Struktur. Zu Gitarre, Schlagzeug und Elektronik kommt gelegentlich noch Gesang. So die Stimmen von Karo & Masha Qrella, die in „Orange Book“ wie von sehr fern ätherisch herüberwehen. Dass Saroos in diesen Stücken stark entrückt wirken, bedeutet nicht, dass sie keinen Plan hätten, was sie mit diesem Zustand anfangen sollen. „Tardis“ unterläuft vielmehr jegliche Erwartungshaltungen und öffnet sich in bewusster Gelassenheit dem, was da kommen mag. So könnte man, idealerweise, auch an die Zukunft herangehen.

Florian Zimmer spielt ebenfalls, zusammen mit Andreas Gerth vom Tied & Tickled Trio, im Duo Driftmachine. Noch so ein Gerät, das an Science-Fiction denken lässt. Und genau genommen scheinen Raum und Zeit bei ihnen sogar noch größer. Driftmachine konzentrieren sich auf elektronische Anverwandlungen von Dub-Elementen, schicken ihre Töne bevorzugt mit Hall und Echo in den Orbit, was Klanggebilde von fast unendlichen Dimensionen erzeugt.

Doch das Konzept zu „Eis Heauton“ ist ein völlig anderes. Hier dreht sich alles um die Selbstbezüglichkeit der Musik: Das Duo nutzte einen modularen Synthesizer, um darauf „selbstgenerierende“ Steckverbindungen herzustellen. Ergebnis: Das Gerät „spricht“ mit sich selbst – so auch die Bedeutung des griechischen Titels. Man hat schon langweiligere Monologe gehört. Tim Caspar Boehme

Saroos: „Tardis“ (Alien Transistor)

Driftmachine: „Eis Heauton“ (Hallow Ground)