OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Berühmtheit erlangte „Heaven’s Gate“ (1980) als jener Film, der die United Artists ruinierte. 40 Millionen Dollar kostete Michael Ciminos Werk am Ende, damals eine exorbitante Summe – zumal der Film an der Kasse floppte und von den amerikanischen Kritikern als wirr und antiamerikanisch empfunden wurde. Cimino hatte sich eines wenig beachteten Geschehnisses angenommen, des „Johnson County War“ von 1890–92, einer Auseinandersetzung zwischen angelsächsischen Großgrundbesitzern und vornehmlich aus Osteuropa stammenden Immigranten, die kleine Landparzellen zugewiesen bekommen hatten. Am Ende heuerten die Viehbarone eine Killertruppe an, welche die Anführer der Siedler umbringen sollte. Klassenkampf in Wyoming: Cimino entmystifiziert in seinem Film sowohl den amerikanischen Traum als auch das illusionäre Westerngenre. Mittendrin in den Auseinandersetzungen befinden sich der privilegierte James Averill (Kris Kristofferson), der sich als Marshal auf die Seite der Armen schlägt und doch nichts bewirken kann, und Nate Champion (Christopher Walken), der Revolverheld der Viehzüchter, der den Marshal dennoch als Vorbild sieht: So reich und stilsicher wie jener möchte er auch gern sein. Die Geschichte mäandert, sie folgt ihren Figuren nur auf Umwegen, erzählt in faszinierend naturalistischem Detailreichtum von der Alltagskultur im Westen und gibt auch den Einwanderern ein Gesicht. Immer wieder inszeniert Cimino dabei Kreisbewegungen, Tänze zumeist, die anfangs von Lebensfreude und Hoffnung künden – und am Ende, beim letzten Gefecht, in einen Totentanz münden. (3. 12., 5. 12.–6. 12. Arsenal 2, OF)

Apropos verwirrend: So erschien dem Publikum anfangs auch Michelangelo Antonionis Meisterwerk „L’avventura“ (1960). Denn eine der Hauptpersonen verschwindet nach einer halben Stunde auf mysteriöse Weise aus der Handlung, ihr Verbleib wird nie aufgeklärt. Die ergebnislose Suche nach der Frau, die deren Verlobten schließlich mit ihrer Freundin Claudia (Monica Vitti) zusammenbringen wird, ist Sinnbild für den modernen Menschen: bindungslos, unsicher und voller Angst stehen Antonionis Protagonisten einer sich ständig verändernden Umwelt gegenüber. Mit seinen Filmen über Sinnkrisen („L’avventura“, „La notte“, „L’eclisse“ und „Il deserto rosso“) wurde der italienische Regisseur weltberühmt, doch die umfassende Retrospektive seiner Werke im Arsenal bietet beispielsweise auch die Möglichkeit, die Suche des Regisseurs nach seinen Ausdrucksmöglichkeiten in einem – nicht unbedingt in jeder Hinsicht gelungenen – Frühwerk wie „I vinti“ (1952), einem Episodenfilm zum Thema Jugendkriminalität, nachzuvollziehen. (ab 4. 12. bis Jahresende, Arsenal)

Ein Mime mit Anspruch ist der Shakespeare-Darsteller Edward Lionheart. Dummerweise glaubt ihm das niemand – weshalb seine Kritiker in „Theater des Grauens“ (1972) bald schon hochdramatisch das Zeitliche segnen. Amüsanter und intelligenter Horror mit dem großen Vincent Price. „Theater des Grauens“ (7. 12.–8. 12. im Bali) LARS PENNING