Hessische Fachhochschulen erhalten Promotionsrecht

Promotion Nur in Hessen können Fachhochschulen künftig eigene Doktortitel vergeben. Davon profitiert ein Fach, das es an Universitäten nicht gibt

Die Foren im Internet sind voll mit gleichlautenden Einträgen: „Hilfe – Promovieren mit Fachhochschulabschluss.“ Denn weil die FHs bislang keine eigenen Doktoranden ausbilden durften, mussten interessierte Absolventen sich einen Betreuer an einer Universität suchen. Und das ist oft gar nicht so einfach.

Es gibt strikte Zulassungskriterien, die von Uni zu Uni variieren. Manche Einrichtungen verlangen nur Eignungsprüfungen, vielfach fordern sie aber auch, dass erst einmal ein Semester Vorlesungen belegt werden muss, um auch wirklich auf dem Niveau eines Uni-Absolventen zu sein. Das ändert sich nun – zumindest für hessische Studierende. Als erstes Bundesland erlaubt es Hessen, dank einer Novelle ihres Hochschulgesetze, den auch begrifflich zu „Hochschulen für angewandte Wissenschaften“ aufgewerteten Fachhochschulen, eigene Promovierende auszubilden. Noch steht der letzte Feinschliff an, doch schon in diesem Jahr könnte es die ersten Doktorurkunden geben, auf denen dann der Name einer Fachhochschule steht, nicht mehr der einer Universität.

Jahrelang haben die FHs für dieses Recht gekämpft. In Hessen gab es zwar schon – wie in Baden-Württemberg, Bayern und Schleswig-Holstein – gemeinsame Promotionskooperationen mit den Universitäten. Ohne diese erhielt aber kein FH-Promovend seinen Doktor.

FHs: „Längst überfällig“

Deshalb spricht die Frankfurt University of Applied Science von einem „historischen Meilenstein“. Auch Detlev Reymann, der Präsident der Hochschule Rheinmain, sagt: „Ein längst überfälliger Schritt.“ Die Vorstellung, dass nur Universitäten Forschung betreiben, gelte schon seit vielen Jahren nicht mehr. Das war ein Vorbehalt, warum FHs lange das Promotionsrecht vorenthalten wurde. Die Hochschulen Rheinmain und Frankfurt werden wohl im Verbund mit der Hochschule Fulda die ersten sein, die eigene Doktoranden in einem Promotionszentrum ausbilden, und zwar im Fach Soziale Arbeit. In der Disziplin ist der Leidensdruck besonders groß. „Soziale Arbeit ist ein Fach, das nur an Fachhochschulen angeboten wird. An Universitäten gibt es das nicht“, erklärt Detlev Reymann. Um zu promovieren, müssen Studierende daher das Fach wechseln – meistens zu Erziehungswissenschaften. „Das führt zu dem Paradox, dass es keine Lehrenden gibt, die in Sozialer Arbeit promoviert haben.“

Den Weg der Kooperation gehen die Hochschulen, denn sie müssen eine gewisse Forschungsstärke nachweisen. Das geht im Verbund leichter. Die Forschungsstärke wird zurzeit noch vom Wissenschaftsministerium definiert, wird sich aber aus einer gewissen Anzahl an Publikationen, der Professorenzahl und eingeworbenen Drittmitteln zusammensetzen. Erst wenn das genau festgelegt ist, können die Hochschulen das Promotionsrecht beantragen. „Wir stehen in den Startlöchern“, sagt Reymann.

Aber nicht an allen Fachhochschulen in Hessen will man sich auf diesen Weg einlassen. An der Technischen Hochschule Mittelhessen etwa möchte man bei kooperativen Promotionen mit der Uni bleiben. „Das hat sich in mehr als fünf Jahren Zusammenarbeit gut eingespielt und bewährt“, erklärt ein Sprecher. Allerdings, schiebt er gleich nach, begrüße man das neue Gesetz, denn es werte die Fachhochschulen und deren Forschungsleistungen auf.

In jedem Fach werden Absolventen aber auch in Hessen in Zukunft nicht promovieren können. Das Recht wird fachbereichsweise vergeben. Und die Hochschulen wollen sich auf einzelne forschungsstarke Zweige fokussieren.