BERLIN - VON KENNERN FÜR KENNER Es gibt matschigen Reis, Baby

Natalie Tenbergs Gastro-Kritik: Im japanischen Restaurant Sasaya im Prenzlauer Berg bietet der Sushi-Koch eine großartige Show

Man trifft sich im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg. Junge Menschen, höchst reproduktiv noch dazu, prägen hier das Straßenbild. Sie sind im gleichen Stil gekleidet wie die Häuser, die sie bewohnen, nämlich elegant verwahrlost. In diesem Kiez um den Helmholtzplatz herum findet man wahrlich nicht die schönsten Blumenrabatte von ganz Berlin, aber dafür jede Menge Restaurants, Bars und Cafés. Kulinarisch begann der Aufstieg der Gegend, als Bill Clinton, damals noch Präsident der USA, sich entschloss, am nahe gelegenen Käthe-Kollwitz-Platz einen Happen zu essen.

Das anfänglich lückenhafte Angebot ist nun breit, fast jede Nation ist auch kulinarisch vertreten. Im Restaurant Sasaya an der Lychener Straße steht japanische Küche im Vordergrund, repräsentiert durch die schnellen Hände des Sushi-Meisters. Er schneidet Fisch und Gemüse, rollt und presst den Reis. Dabei hat er den Überblick, weiß, welcher Gast noch welches Gericht und Getränk bekommt, und weist die Bedienungen entsprechend an.

Keine Frage, der Sushi-Meister ist hier der Chef.

Kein Wunder also, dass das Lokal so angelegt ist, dass die breite Fensterfront zur belebten Kiezstraße ihn bei der Arbeit zeigt. Vor ihm sitzen an der Bar die Gäste, die nur für einen schnellen Happen gekommen sind.

An den niedrigen Tischen zwischen Bar und Fenster sitzen, knien, liegen die Gäste mit etwas mehr Zeit. So entsteht im modern und nüchtern eingerichteten, aber warm beleuchteten Restaurant ein interessantes Spiel zwischen Hektik und Muße.

Das Sushi des Meisters schmeckt leider weniger gut, als er bei der Zubereitung aussieht. Die Spannung, die sich während seiner Arbeit aufbaute, kulminiert in einer Enttäuschung. Zwar ist der Fisch frisch, das wichtigste Qualitätsmerkmal bei Sushi, und auch die Form der Rollen, zum Teil zu Bögen gewundene Reisrollen, ist außergewöhnlich. Dafür hakt es beim Sushi an etwas Simplem: dem Reis. Er ist matschig gekocht, zudem fehlt es an Essig.

Der Seetangsalat dagegen ist gut gewürzt und auch die Nudelsuppe mit Berggemüse überrascht positiv. Auf den ersten Blick sieht sie nicht besser aus als jedes andere fade Süppchen, dazu schwimmen Nudeln in ihr, die arg italienisch aussehen, aber der Geschmack entschädigt für das traurige Aussehen. Er ist typisch japanisch, was für den normalen Berliner Gaumen heißt: ein wenig nach Algen, ein wenig undefinierbar, aber dennoch unwiderstehlich.

Die Suppe, als Hauptgericht gegessen, ist Grund genug, wiederzukehren. Und wenn auch das Sushi nicht so gut war wie erwartet, die Show des Sushi-Meisters war großartig. Manchen ist die Oberfläche ja auch wichtig. Und vielleicht ist der Sushi-Reis beim nächsten Besuch schon besser. Es ist ja kein Hexenwerk.

SASAYA, Lychener Str. 50, Berlin-Prenzlauer Berg, Tel.: 44 71 77 21, S-Bahn-Station Schönhauser Allee, Mittwoch Ruhetag, 15 bis 15 Uhr Mittagessen, 18–22.30 Uhr Abendessen, Sushi ab 3 €, Nudelsuppe ab 6 €