Rückzugskampf vor dem Werkstor

Seit gestern bestreiken rund 400 Mitarbeiter das Infineon-Werk in München-Perlach. Dabei haben sie sich mit der Schließung der Fabrik offenbar schon abgefunden

BERLIN taz ■ Die Mitarbeiter des Infineon-Werks in München-Perlach kämpfen gegen die drohende Arbeitslosigkeit. Gestern haben sie mit einem unbefristeten Streik begonnen. Dabei geht es gar nicht mehr um den Erhalt des Standorts, der 2007 geschlossen werden soll. Ziele der Aktion sind vielmehr höhere Abfindungen als bisher geplant und fünf Jahre Arbeit in einer Auffanggesellschaft.

Für die Beschäftigten gehe es um „Arbeit und Qualifizierung für Jahre oder Absturz in Arbeitslosigkeit und Hartz IV nach zwölf Monaten“, erklärte der bayerische IG-Metall-Chef Werner Neugebauer. Unterstützt wurden die rund 400 streikenden Infineon-Mitarbeiter von einigen hundert Beschäftigten anderer Münchener Betriebe wie MAN, BMW, Siemens oder der Volkswagen-Tochter Audi aus Ingolstadt.

Infineon will das Perlacher Werk mit 800 Mitarbeitern Ende nächsten Jahres schließen, weil es veraltet und unrentabel sei. Die Gewerkschaft hingegen ist der Meinung, dass Perlach profitabel arbeitet, sie hatte in den Verhandlungen mit dem Management ein entsprechendes Gutachten vorgelegt. Die Konzernführung blieb aber bei ihrer Einschätzung, sodass die IG Metall sich nunmehr auf Schadensbegrenzung beschränkt und einen besseren Sozialplan erkämpfen will. Laut IG Metall bietet der Konzern den Beschäftigten bislang eine Abfindung von knapp einem halben Monatsgehalt pro Jahr Betriebszugehörigkeit. Die Gewerkschaft fordert das Zehnfache.

Um dies zu erreichen, haben nach Angaben von Streikführer Michael Leppek gestern die Münchener Mitarbeiter die Produktion im Werk lahm gelegt. Die Konzernführung will eine Mindestproduktion aufrechterhalten und hatte unter anderen in seiner Dresdner Fabrik nach Mitarbeitern gesucht, die während des Streiks in München arbeiten wollen. Um das zu verhindern, stoppten die Streikenden vor dem Werkstor drei Busse mit mutmaßlichen „Streikbrechern“, die am Morgen auf das Werkgelände wollten. Das war allerdings auch dem Gewerkschaftsvertreter zu viel. „Das elementare Recht der Beschäftigten, um ihre Arbeitsplätze und beschäftigungspolitischen Ziele zu kämpfen, sollte nicht von Streikenden durch Übernahme der rüden Methoden der Geschäftsleitung in Misskredit gebracht werden“, sagte Bayerns DGB-Chef Fritz Schösser.

Im Perlacher Werk werden vor allem Chips für Mobiltelefone hergestellt. Allerdings sind die Funktionen dieser Halbleiter immer häufiger in andere Chips integriert, sodass sich die Auslastung des Werks nach Angaben von Infineon immer mehr verringert hat. Deshalb soll die Produktion nach Regensburg und Villach verlagert werden.

STEPHAN KOSCH

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