Wettbewerb um Übertragungsrechte: Live vom Provinzsportplatz
Die etablierten Sender bekommen Konkurrenz. Neue Onlinedienste greifen nach den begehrten Übertragungsrechten im Sport.
Das Angebot ist inzwischen so groß, dass Nutzer leicht die Übersicht verlieren. Zum Beispiel am vergangenen Sonntag: Fußball-U11-Eurocup, Judo-Einzelmeisterschaften in der Konferenzschaltung, Battle der Eishockey-Jugendliga in Mannheim und die Basketball-Begegnung Bamberg – Baunach. All das zeigt das Portal sportdeutschland.tv zeitgleich live. Die Qualität ist bisweilen dürftig, weil Vereine und Ligen teils einfach eine Webcam aufstellen. Aber: Wer Sport liebt, für den ist das hier ein kleines Paradies.
Geschaffen hat das Geschäftsführer Oliver Beyer. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat den Aufbau seiner Plattform vor gut einem Jahr finanziert – erst mal, um vor allem dem Breitensport eine Bühne zu bieten. „Sport ist eben vielfältig“, sagt Beyer. „Da spielt nicht alles in einer Allianz-Arena. Es wird auch auf der Wiese am Rhein gekickt. Das wollen wir zeigen.“
Das klingt nach einem noblen und unverfänglichen Zweck: ein Portal, das all das zeigt, was nicht attraktiv genug für das klassische Fernsehen ist. Doch sportdeutschland.tv macht sich auf, weit mehr zu sein als bloß eine digitale Resterampe für den Breitensport. So hat der Medienkonzern ProSiebenSat.1 die Plattform fast komplett übernommen und bietet Infrastruktur plus Kaufkraft auf Abruf.
Nein, sagt Beyer, einen Sportkanal im klassischen TV plane er nicht. Woran die neuen Partner aber arbeiteten, seien Apps für Smartphones, Tablets und Smart-TVs, also Fernseher, die Inhalte aus dem Internet ziehen. Damit würde die Plattform eben doch auch auf den großen Bildschirmen ankommen und neben den etablierten Kanälen um Zuschauer buhlen.
Sportkanal rüstet auf
Außerdem werden die Inhalte interessanter. Dieser Tage zeigt die Plattform Teile der Handball-EM, aufwändig produziert und kommentiert. Über Details spricht Beyer nicht, klar ist: Die Sportrechteagentur SportA von ARD und ZDF hat ihm Rechte für Partien zugestanden, die die Sender selbst nicht übertragen. Dazu kommen erste Magazin-Inhalte à la „Sportschau“ und „Sportstudio“. Kurzum: Beyer rüstet auf.
Noch steht seine Plattform am Anfang, doch das dürfte sich mit dem Partner ProSiebenSat.1 schnell ändern. Der hat bereits auf seinen klassischen Kanälen Werbung für sein neues Projekt geschaltet. Und dass die Onlinedienste zur Konkurrenz der Etablierten werden, zeigt ein anderer Vorgang: Der Bezahlsender Sky verliert die Rechte für die englische Premier League.
Fußballfans müssen sich bald auf eine neue Plattform einstellen, die bislang unter dem Kürzel OTT firmiert und eine Art Netflix für Sportinhalte werden soll. Hinter OTT steht die britische Perform Group, die wiederum das Sportportal „Spox“ betreibt.
Gibt es eine Überraschung?
Schon im Herbst hat sich die Perform Group die Rechte der US-Basketball-Liga NBA gesichert. Für Unruhe sorgt derweil, dass demnächst für die nächsten Jahre die Rechte der Fußballbundesliga vergeben werden. Ob es eine Überraschung gibt?
Zumindest sportdeutschland.tv wäre für so ein Geschäft noch zu schmächtig. Geschäftsführer Beyer will sein Portal aber in diesem Jahr endgültig unter Sportfans bekannt machen, vor allem während der Olympischen Spiele.
Aus Rio werden ARD und ZDF die eigentlichen Wettkämpfe zeigen. Beyer will „den Zuschauer so nah wie möglich an den Sport heranbringen“ und hat dafür einen entscheidenden Türöffner: Der DOSB ist nach wie vor an seiner Firma beteiligt. Die Nähe zum Sport und der Zugang zu den Athleten ist der Onlineplattform damit garantiert, zum Beispiel für ein tägliches Magazin aus dem Deutschen Haus.
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