Orientierung am Kindlichen

FORTBILDUNG Der Hamburger Alternative Wohlfahrtsverband Soal hat sein neues Fortbildungsprogramm vorgestellt. Im Mittelpunkt stehen praktische Lernerfahrungen

„Unser Konzept stellt das Kind und seine Bedürfnisse sehr stark in den Mittelpunkt der Arbeit“

CLAUS REICHELT, SOAL-GESCHÄFTSFÜHRER

VON BIRK GRÜLING

Im Eingangsbereich und auf den Fluren kann man die praktischen Lernerfahrungen aus den Kursen des Alternativen Wohlfahrtsverbandes Sozial & Alternativ (Soal) bewundern: Mobiles aus Holz, bunt bemalt, mal als Drache und mal als Flugzeug – unwillkürlich fühlt man sich so an den eigenen Werkunterricht erinnert.

Keine schlechte Assoziation, wie Geschäftsführer Claus Reichelt findet: „Diese Modelle stammen aus unseren Kursen für Kita-Mitarbeiter. Aus unserer Philosophie heraus helfen vor allem eigene und möglichst konkrete Lernerfahrungen dabei, selbst Wissen weiterzugeben.“ Darum führte die Fortbildung „Lehm in der Kita“ auch in eine Kiesgrube, um dort den Rohstoff in jeder Konsistenz kennenzulernen, und beim Kurs „Spielraum Stadt“ folgen die Erzieher selbst dem Erlebnispädagogen Martin Legge auf der Suche nach einem Erlebnisparcours inmitten der Quartiere.

„Mit praktischen Erfahrungen geht Lernen schneller. Nur im Kopf zu bleiben, ist ein Umweg“, erklärt Reichelt. Ein pädagogischer Ansatz, der sich bewusst an einem kindlichen Denken orientiert, ganz nach dem Motto: Ein Kind baut erst und spricht dann darüber. Doch nicht nur praktische Lernerfahrungen stehen im Mittelpunkt des neuen, rund 30 Veranstaltungen umfassenden Fortbildungsprogramms des drittgrößten Wohlfahrtsverbandes Hamburgs. Auch künftige Führungskräfte aus Krippen und Kindertagesstätten will man gezielt auf ihre Aufgaben vorbereiten, nicht nur pädagogisch, sondern auch mit harten Fakten. „Wir vermitteln auch Inhalte wie Betriebswirtschaftslehre, Betreuungsrecht oder Personalmanagement. Gleichzeitig versuchen wir auch, die eigene Persönlichkeitsentwicklung zu stärken“, sagt Reichelt.

Die Ansätze dabei erinnern stark an ein Coaching, so wird die eigene Rolle in der Kita auch schon einmal mit Glasmurmeln visualisiert. Ein Konzept, das auch außerhalb des Bildungssystems durchaus auf Interesse stößt. „Ich habe im Gespräch mit einem Lieferanten für Büromaterialien von diesen Ansätzen erzählt. Der war hellauf begeistert und uns gleich für ein Training seiner Führungskräfte verpflichtet“, erzählt er. Langfristig will man nun auch Persönlichkeitsentwicklungskurse für Jungunternehmer anbieten, davon gibt es schließlich auch unter den Verbandsmitgliedern einige. „Wir haben derzeit einen runden Tisch mit rund 20 Gründern, die ihre eigene Einrichtung eröffnen wollen oder sich schon in der Startphase befinden“, berichtet Reichelt. Bei dem Wohlfahrtsverband will man diese Gründer gezielt mit fachlichen Know-how unterstützen. Das Kursangebot für Leitungskräfte hat man deshalb um die wichtigsten Aspekte der Selbstständigkeit erweitert, immerhin ist die Nachfrage groß. Gerade die Meldungen über einen Mangel an Kita-Plätzen hat zu zahlreichen Neugründungen geführt.

Auch auf eine weitere Entwicklung aus der Hamburger Bildungspolitik sollen die Mitglieder weiter vorbereitet werden. Einhergehend mit den Veränderungen in der Bildungslandschaft und der Neuauflage des Hamburger Bildungsplans arbeitet der Senat an verpflichtenden Qualitätskontrollen für alle Einrichtungen.

„Wir bieten mit dem mehrstufigen Soal-QE-Verfahren schon seit 2004 eine eigene Qualitätsentwicklung an“, erklärt Reichelt. „Bisher haben an diesem dreijährigen Verfahren rund 70 Kindertagesstätten teilgenommen. Unser Konzept stellt das Kind und seine Bedürfnisse sehr stark in den Mittelpunkt der Arbeit.“ Empfohlen werde es von der Kita-Aufsicht und verschiedenen Wissenschaftlern. Damit, so Reichelt, habe es keine Schwierigkeiten, die Qualitätsvorgaben der Hansestadt zu erfüllen.