Kein Plan, kaum Kontrolle

REFORMEN Rechnungsprüfer ziehen vernichtende Bilanz der EU-Politik in der Finanz- und Eurokrise

BRÜSSEL taz | Die EU hat in der globalen Finanzkrise versagt – und wenig spricht dafür, dass sie für einen neuen Crash besser gerüstet wäre. Zu diesem Schluss kommt der Europäische Rechnungshof, der die europäische Krisenreaktion in mehreren EU-Ländern untersucht hat.

„Im Allgemeinen unzulänglich“ sei das Management nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Bro­thers 2008 gewesen, kritisieren die Experten. Die EU-Kommission habe Warnsignale übersehen und sei nicht auf den plötzlichen Zusammenbruch von Banken und die drohende Pleite ganzer Staaten vorbereitet gewesen.

Außerdem hätten die Helfer aus Brüssel die Krisenländer ungleich behandelt. So waren die Bedingungen für die Gewährung von Beistand in einigen Hilfsprogrammen weniger streng und damit leichter zu erfüllen. Die von der EU vorgegebenen Defizitziele waren schwer nachzuvollziehen – mal waren sie lockerer, mal härter als eigentlich nötig.

Reformen verfehlt

Besonders interessant ist die Erkenntnis, dass die von Brüssel verlangten Strukturreformen nicht immer zu den realen Problemen des jeweiligen Landes passten. Indirekt bestätigen die Rechnungsprüfer damit den Vorwurf, dass die harten Arbeitsmarkt- und Rentenreformen nicht hilfreich und teilweise sogar völlig verfehlt waren.

Bestätigt können sich die Kritiker der „Eurorettung“ auch in anderer Hinsicht fühlen: Die Troika und andere EU-Experten wurden während der Krisenjahre kaum überwacht, eine unabhängige Kontrolle fand nicht statt.

Die den Spar- und Reformauflagen „zugrunde liegenden Berechnungen wurden von niemandem außerhalb des Teams überprüft, die Arbeit der Experten wurde nicht eingehend kontrolliert und das Überprüfungsverfahren wurde unzureichend dokumentiert“, klagen die Rechnungsprüfer. Man könnte auch sagen, dass die EU keinen Plan hatte und oft konfus und willkürlich gehandelt hat.

Untersucht wurden Irland, Lettland, Rumänien, Ungarn und Portugal – alles Länder, die nun wieder ohne EU-Hilfe ­zurechtkommen. Das Dauer-Sorgenkind Griechenland haben die Rechnungsprüfer ausgeklammert – dazu ist ein ­Sonderbericht geplant. Nach Lage der Dinge kann er nur deprimierend ausfallen, schließlich sind dort schon zwei Hilfsprogramme gescheitert. Und beim laufenden dritten Bail-out ist auch kein Happy End abzu­sehen. Eric Bonse