LESERINNENBRIEFE
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die tageszeitung | Rudi-Dutschke-Str. 23 | 10969 Berlin | briefe@taz.de | www.taz.de/ZeitungDie Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor. Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.

Oma wusste, was sich gehört

betr.: „Berliner Szenen: Was bleibt? Der Gruß des Boten“, taz vom 4. 1. 16

Mänsch Barbara Bollwahn, ahnst du wirklich nicht, weshalb dein Zeitungsbote, Herr Osemwengie, dir Grüße zu den Festtagen mit Absenderadresse schickt? – Für deine Rührung kann er sich nix kaufen …

Früher war es üblich, den Zeitungsboten (ganz ohne Wink mit dem Zaunpfahl) zu Weihnachten einen kleinen Umschlag mit fünf oder zehn Mark zukommen zu lassen. Dafür sorgte schon unsere haushaltende Oma, die wusste noch, was sich gehört!! Ich habe diese nette Tradition übrigens beibehalten – wär’auch meine Empfehlung an die taz-Abonnenten generell, denn die wackeren Boten sorgen schließlich dafür, dass unsere taz schon frühmorgens bei Eis und Schnee im Kasten liegt! Dagmar Dorsten, Berlin

Bedrohte Staatsmacht

betr.: „Polizei stürmt besetztes Haus in Berlin: Eskalation in der Rigaer Straße“, taz.de vom 14. 1. 16

Es waren nicht deutsche Frauen von schwarzen Händen bedroht. Nein, die Staatsmacht fühlte sich bedroht. Also, noch einmal ganz langsam. Ein Kontaktbereichsbeamter schreibt ein „Knöllchen“. Es kommt zu einer Auseinandersetzung. Am Ende: Hubschrauber, Hundestaffel, 500 Beamte, 20 Beamte SEK.

Der knöllchenschreibende Kontaktbereichsbeamte ist also ein höher zu schützendes Rechtsgut als aufreizend gekleidete Frauen am Kölner Hauptbahnhof, die nicht eine Hitlergrußlänge Abstand halten von schwarzen Männern. Extrapoliere ich mal.

In Berlin ist es also möglich, zeitnah 500 Beamte, Hundestaffeln, einen Hubschrauber, 20 Beamte SEK in Marsch und Einsatz zu bringen. In Köln ist eine solche logistische Leistung am Hauptbahnhof nicht möglich. Und leise kommt der Verdacht auf, dass man in der Silvesternacht einen Vorgang instrumentalisieren wollte, so wie man am 13. 1. den Knöllchenvorfall instrumentalisierte. Wo sind wir hier eigentlich? higonefive, taz.de

Positiver Polizeieinsatz

betr.: „Polizei stürmt besetztes Haus in Berlin: Eskalation in der Rigaer Straße“, taz.de vom 14. 1. 16

Was Ortsfremde vielleicht nicht wissen: Bei der Riga94 handelt es sich um ein verbarrikadiertes Haus, von dessen Dach regelmäßig Gegenstände auf Polizeiautos geworfen werden.

Es sind sogar schon falsche Hilferufe an die Polizei ergangen, nur um die Streifen dann beim Eintreffen anzugreifen. Da im Umfeld der Straße regelmäßig Autos brennen, wird von nicht wenigen Anwohnern der gestrige Einsatz der Polizei positiv ge­sehen. Mark_Sch, taz.de

McKinsey als Problem begreifen

betr.: „Flüchtlingschaos in Berlin: McKinsey-Berater wird neuer Lageso-Chef“, taz.de vom 14. 1. 16

McKinsey berät nach eigenen Angaben „über zwei Drittel der 1.000 größten amerikanischen und die Mehrzahl der im DAX vertretenen deutschen Unternehmen“ – und ein paar öffentliche Institutionen bzw. Regierungsstellen. Beliebt gemacht hat sich die Firma mit Verfahren zur Kostensenkung im sogenannten Gemeinkostenbereich. Gemeinkosten sind Kosten, die nicht direkt einem veräußerbaren Produkt zugeordnet und deswegen auch nicht durch dessen Verkauf refinanziert werden können. Darunter können auch Löhne und Gehälter fallen .

Nun ist das mit den Flüchtlingen so eine Sache. Sie sind so gut wie unverkäuflich. Deswegen sind (fast) alle Kosten, die dem Lageso im Zusammenhang mit der Verwaltung (um nicht zu sagen Gängelung) der Flüchtlinge entstehen, Gemeinkosten.

Ich erwarte, dass McKinseys Mitarbeiter tun, was sie am besten können: die Gemeinkosten senken. Statt also zusätzliche Mitarbeiter einzustellen, wird man wohl versuchen, Arbeitsabläufe zu „optimieren“ oder sogar Stellen abzubauen.

Es wird erst einmal ein großes Durcheinander geben, dann noch mehr Arbeit, noch längere Schlangen vor der Tür und in der Folge (soweit überhaupt noch möglich) eine Zunahme der allgemeinen Frustration. Die diversen Medien werden über all dies dann wieder unter der Überschrift „Flüchtlingskrise“ berichten. Und zwar vor allem mit Blick auf die heldenhaften Versuche der Regierung, sich der „Flut“ in den Weg zu stellen, sowie auf die Verschärfung der Konflikte zwischen Bärgida-Demonstranten und deren Gegnern und zwischen einer überforderten Polizei und irgendwelchen bösen Nordafrikanern.

Die der Gesellschaft entstehenden Kosten des Spektakels werden erheblich sein. Man könnte sie ganz prima dadurch senken, dass man McKinsey als Problem begreift und nicht als Lösung. Nachdem man sie den eigenen Verfahren unterworfen hat, könnte man ihnen den lukrativen Beraterauftrag wieder entziehen. Aber das wird dann natürlich richtig teuer …MOWGLI, taz.de

Däumchen drehen

betr.: „Studie: Arbeit in der Verwaltung macht besonders krank“, taz vom 7. 1. 16

Sie fragen: „Warum (hat) In Berlin (hat) die Verwaltung mit 7,4 Prozent den höchsten Krankenstand. Macht Bleistiftspitzen

krank? Oder eher die Langeweile?“

Bei uns im Lageso sind die Bleistifte aus: bürokratischer Irrsinn! Aus Langeweile drehen wir Däumchen. Vielleicht zu schnell? Oder falsch rum? Marco Olbrich, Berlin