„Nicht pauschal urteilen“

Vandalismus Der Geschäftsführer von Hannover 96, Martin Bader, über randalierende Fans in Bahnhöfen und beschädigte Züge auf Auswärtsreisen

Foto: Philipp von Dithfurt/dpa

taz: Herr Bader, kaum ein Wochenende vergeht ohne Sachbeschädigungen in Zügen oder Fanrandale in Bahnhöfen: Hat die Bundesliga ein Problem?

Martin Bader: Jeder Vorfall ist einer zu viel. Ob sich die Vorfälle in dieser Saison bisher bundesweit gehäuft haben, weiß ich nicht. Dass es zuletzt mehrere Vorfälle gegeben hat, in die auch Fans von Hannover 96 involviert waren, halte ich für Zufall. Ich warne davor, pauschal über Gruppierungen zu urteilen.

Bei zwei Vorfällen werden konkret 96-Fans mit Gewalt und Sachbeschädigungen in Verbindung gebracht. Sorgen Sie sich um das Image des Vereins?

Jede Berichterstattung über einen negativen Vorfall schadet uns. Aber ein Verein kann nicht für jedes Handeln eines Einzelnen verantwortlich sein. Wir kehren nichts unter den Teppich, sondern betrachten jeden Einzelfall sehr sorgsam. Alles wird mit der Polizei, unserer Fanbetreuung und dem Sicherheitsdienst abgestimmt. Jeder 96-Fan, der eine Straftat begeht, hat mit einschneidenden Konsequenzen zu rechnen.

Können Sie verstehen, wenn Polizisten genervt reagieren und die Vereine mehr in der Pflicht sehen?

Ich kann das verstehen. Das geht doch jedem so, wenn es im Umfeld von Spielen zu Ausschreitungen und Sachbeschädigungen kommt, die niemand sehen will. Wir sind im Dialog mit den zuständigen Stellen wie der Bahnpolizei, um uns einzubringen und einen Beitrag dazu zu leisten, dass solche Dinge nicht mehr passieren.

Welche Maßnahmen ergreifen Sie vereinsintern?

Wir tauschen uns intensiv mit den Behörden, den Fanbetreuern und unserem Fanbeirat aus. Die Fanbetreuung von Hannover 96 ist in den vergangenen Jahren ausgebaut worden. Es geht darum, bei den Fans für Verständnis zu werben und unsere Wertevorstellung klarzumachen. Fanprojekte leisten präventive Arbeit, um möglichst alle gesellschaftlichen Schichten zu erreichen.

Warum stellen Sie nicht noch mehr Fanbetreuer ein?

Wir verschließen uns nicht der Möglichkeit, die Fanbetreuung weiter aufzustocken. Aber wenn Täter ermittelt werden, die einen Zug auf dem Weg zu einem Auswärtsspiel beschädigen, geschieht das im Hoheitsgebiet der Polizei. Als Verein sorgen wir dafür, dass die Spiele selbst reibungslos über die Bühne gehen. Das klappt mit Hilfe von Ordnern und dank der engen Zusammenarbeit mit der Polizei.

Warum werden Fanreisen zu Auswärtsspielen nicht von mehr Fanbetreuern begleitet – und damit kontrollierbarer?

Martin Bader

47, ist seit dem 1. Oktober Geschäftsführer des Fußball-Bundesligisten Hannover 96. Zuvor war er elf Jahre Sportvorstand beim 1. FC Nürnberg.

Auf der An- und Abreise zu einem Auswärtsspiel bleiben unsere Möglichkeiten begrenzt. Wenn Fans individuell mit dem Regionalexpress anreisen oder mit dem eigenen Auto und dann an einer Raststätte anhalten, haben wir keinen Zugriff. Zudem sind die zuständigen Behörden und deren Personal deutlich besser geschult, wenn es darum geht, für Recht und Ordnung zu sorgen.

In der Saison 2013/14, als das Niedersachsenderby bei Eintracht Braunschweig anstand, hat es eine vorgeschriebene und stark kontrollierte Anreise gegeben. Warum geht das nicht bei allen Auswärtsspielen?

So etwas ist nicht praktikabel. Es geht bei der Fahrt zu einem Auswärtsspiel um die persönliche Freiheit von jedem einzelnen. Als Verein kann man niemanden zwingen, einen Sonderzug zu besteigen. Und wir bekommen es organisatorisch und rechtlich nicht hin, die Mehrheit der Fans bei Auswärtsfahrten zu begleiten.

Interview: Christian Otto