„Echte Gentlemen sind rar“

Sexuelle Übergriffe Frauen berichteten am vergangenen Wochenende und am Montag über ihre Erfahrungen mit sexueller Gewalt überall auf der Welt

Nein heißt Nein! Foto: imago

Blinder Fleck

betr.: „Der Heimweg“,taz vom 16. 1. 16

Vielen Dank für diesen wichtigen und mutigen Beitrag der taz-AutorInnen zum Thema sexuelle Übergriffe. Ich halte es für unglaublich wichtig, dass diese Erfahrungen in der Zeitung thematisiert werden!

Ich war über jeden einzelnen Artikel sehr geschockt und fassungslos: Wie kann es sein, dass solche Dinge mitten in der Gesellschaft geschehen? Was sind das für Männer, die so was machen? Wie kann man seine Hemmschwelle nur so herabsenken und zu solchen Dingen fähig sein? Das macht mich wirklich fassungslos und unglaublich wütend.

Solange wir in unserer Gesellschaft auch nur die kleinsten sexistischen Tendenzen tolerieren, solange auch nur eine einzige Frau als nicht gleichwertiges und gleichberechtigtes Wesen betrachtet wird, in welchem Zusammenhang auch immer und mag er noch so vermeintlich banal sein: So lange werden solche Situationen zur traurigen Realität unserer Gesellschaft gehören. Ich frage mich, wie man/frau eigentlich kein/e FeministIn sein kann. Ganz besonders schockiert hat mich die Erzählung der 47-jährigen taz-Autorin über die Geschehnisse auf dem Spielplatz. Wie kann es sein, dass niemand davon erfahren hat? Was war mit der Freundin? Sie hat doch alles gesehen, hat sie mit niemandem darüber gesprochen? Sie muss doch auch völlig verstört gewesen sein. Und die beiden Freundinnen, haben sie nie wieder darüber gesprochen? Ich möchte der Autorin sagen, dass ich es unglaublich mutig und bewundernswert finde, dass sie dieses Erlebnis in der taz veröffentlich hat. Dadurch finden vielleicht noch mehr Menschen den Mut, sich zu öffnen. Der blinde Fleck, der entstanden ist, weil das Thema sexuelle Gewalt in Deutschland nach wie vor totgeschwiegen wird, muss endlich beleuchtet werden!

SARAH NEUGEBAUER, Passau

Power gegen Kerle

betr.: „Der Heimweg“,taz vom 16. 1. 16

Die Erlebnisse der Frauen, die ich kaum zu Ende lesen konnte, haben mich erschüttert und in Wut versetzt.

Die weltweiten Gewaltexzesse gegen Frauen, Kinder, Andersdenkende sowie der Machtmissbrauch gegenüber allen möglichen Minderheiten sind offensichtlich Ausdruck einer kulturell verwurzelten Männerkrankheit. Dieses bestätigt sich täglich auf grausamste Weise. Wären Frauen in diesem Ausmaß zu Übergriffen, Vergewaltigungen, Folterungen, geistigen Vernichtungen, Tötungen fähig? (Die Ausnahmen stehen nicht gegen die Regel.) Das Problem sind die Machtpositionen in Öffentlichkeit und Familien.

Lasst uns gemeinsam die Kerle, die sich wer weiß was auf ihr lächerliches Fleischläppchen einbilden, die ernsthaft zu glauben scheinen, sie könnten einfach machen, was ihnen einfällt, nur weil sie Männer sind, von jeder Macht entfernen! Mithilfe eines konsequenten Strafrechts, klaren Grenzsetzungen, einer wachen Öffentlichkeit, Aufklärung der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen, mit einer echten 50-Prozent-Quote in allen Lebensbereichen, auf allen Ebenen. Meine Hoffnung liegt auf der Power der mutigen Frauen und den reflektierten, zu Machtverzicht bereiten Männern – auch, aber nicht nur in „muslimischen Ländern“.

JENS KOTULLA, Mannheim

Sei gewappnet!

betr.: „Was uns passiert“,taz vom 16. 1. 16

Frauen, wo lebt ihr denn? In der Waschmittelwerbung? Das Leben war schon immer lebensgefährlich. Sexuelle Belästigung gibt es seit Jahrtausenden, nicht erst seit Silvester. Seit wir in der deutschen Komfortzone Säbelzahntiger, Giftschlangen und Wölfe ausgerottet haben, gibt es nur zwei, die gefährlich werden können: Autos und Männer. Für Autos haben wir Verkehrsregeln. Aber Männer halten sich nicht an Regeln. Es gilt das Recht des Stärkeren. Der durchschnittliche Mann ist etwas stärker als die durchschnittliche Frau, aber nur etwas. Das heißt, zu zweit seid ihr schon stärker als ein Mann. Seid gewappnet! Echte Gentlemen sind rar!

Constant vigilance! Es kann doch nicht sein, dass du dein Handy besser schützt als dich selbst!

ULRIKE SPIES, Marburg

Frauen stärken

betr.: „Was uns passiert“,taz vom 16. 1. 16

Eben habe ich die Berichte überflogen. Was wollen sie Leserinnen damit suggerieren? Dass sie naturgemäß „Hasen“ sind und Beute bleiben? Damit wird ihnen doch der letzte Rest Mut genommen. Da traf der letzte Satz der Autorin, 47, des taz Verlags eher den Kern: „Frauen stark zu machen, körperlich und psychisch, damit sie sich wehren können.“

MARION ERNSTING , Steinhagen

Sexismus überall

betr.: „Der Grapscher in meinem Haus“, taz vom 18. 1. 16

In den muslimischen Metropolen Marokkos, Malaysias, Senegals, Palästinas, Jordaniens usw. begegnete manN mir als allein reisender Frau (blond) ausnahmslos respektvoll. In einem überfüllten Zug in Albanien hielt man sogar den Sitzplatz neben mir unbesetzt. Einzig und allein im buddhistisch-hinduistisch geprägten Sri Lanka wurde ich wiederholt Opfer sexistischer Übergriffe. Sexismus gibt es überall, egal welche Religion die Männer haben.

SUSANNE NOWAK, Frankfurt

Erfahrung in Kairo

betr.: „Der Grapscher in meinem Haus“, taz vom 18. 1. 16

Der Artikel ist gut und sehr differenziert, kein Grund zum Um-die- Ohren-Hauen. Was Ägypten angeht, da habe ich selbst Erfahrung in Kairo. Das ständige Belästigtwerden im Alltag führte bei mir dazu, dass ich nach ungefähr drei Jahren Aufenthalt herausfand, dass Zurückstarren und ganz deutliches Mustern von oben nach unten und andersrum zu großer Peinlichkeit auf der Gegenseite führte und diejenigen dann kichernd an mir vorbeigegangen sind, so geschockt waren sie. Ich weiß allerdings nicht, ob das jetzt nach den Eskalationen auf dem Tahrir noch so funktionieren würde. Gleichzeitig muss ich sagen, dass ich mich in Kairo nachts um halb zwölf insgesamt sicherer vor Gewalt gefühlt habe als in deutschen Städten, denn es sind dort viel mehr Menschen auf den Straßen, und außerdem mischen sie sich in der Regel ein, wenn es Probleme gibt, und gehen nicht einfach vorbei und tun so, als merkten sie nichts.

MANUELA KUNKEL , Stuttgart

Text ist großartig

betr.: „Der Grapscher in meinem Haus“, taz.de vom 18. 1. 16

Danke, Frau Lehmann, ihr Text ist großartig! Er ist konkret, mit eigener Erfahrung gesättigt, einfühlsam, dem „Umgang mit Menschen“ gewidmet. Er hebt sich damit wohltuend von all diesen verallgemeinernd-unwissenden Artikeln und Kommentaren ab, die uns seit „Köln“ überfluten. Die alle reflexhaft bedienen, wovon die jeweilige Gruppe eh schon vorher überzeugt gewesen war. Ohne Kenntnis einzelner Menschen.

ALBRECHT POHLMANN,taz.de