BRAUNE KICKER Norddeutschlands Fußball im Nationalsozialismus beleuchtet eine Ausstellung im Hamburger Rathaus. Fazit: Der Sport hat lange eine relative Autonomie genossen. Nur die Juden durften nicht mehr mitspielen Schwerpunkt SEITE 43–45
: Der Ball muss rollen

Fußball zur Nazi-Zeit: Spieler des Luftwaffen-Sportvereins Groß-Hamburg vor dem Spiel gegen den First Vienna Football Club 1894, 31. Oktober 1943   Foto: Quelle: Ralf Klee, Lauenburg

Eine Liebesheirat war es nicht gerade zwischen dem Fußball und dem Nationalsozialismus. Lange hatte der englische Sport bei der nationalen Rechten in Deutschland als undeutsch gegolten gegenüber so urdeutschen Sportarten wie Turnen oder Faustball. Dennoch erkannten die Nazis schnell die gesellschaftliche Bedeutung dieses Sports und seine Anziehungskraft – und griffen gerade deshalb zunächst eher moderat ein: Der Deutsche Fußball-Bund bewahrte lange eine gewisse Autonomie, das funktionierende System aus körperlicher Ertüchtigung und Massenunterhaltung sollte weiterlaufen.

Als einige Vereine eine Profi-Liga einführen wollten, schlug sich Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten auf die Seite des Verbands und verbot das Profitum – nicht etwa aus ideologischen Gründen, sondern um die Teilnahme der besten Kicker an den Olympischen Spielen 1936 zu gewährleisten und so die Medaillenchancen zu steigern. Als Werder Bremen eine getarnte Profitruppe zusammenstellte, setzte es saftige Sperren.

Ihre jüdischen Mitglieder hatten die meisten Fußballvereine da schon mehr oder weniger freiwillig ausgeschlossen, wie den Hamburger Schiedsrichter Martin Stock, der sich nach der Befreiung aus dem Konzentrationslager sofort an den Wiederaufbau des Hamburger Fußballverbands machte.

Noch bis 1936 erlebten in Norddeutschland die jüdischen Fußballvereine einen regelrechten Boom – einerseits, weil sie den ausgeschlossenen Spielern eine neue Heimat boten, andererseits, weil sie für viele Juden der letzte Ort waren, an dem soziales Leben möglich war, auch wenn das Spielfeld manchmal nur eine Kuhweide war.

Nichtjuden konnten bis in die letzten Kriegsjahre am Spielbetrieb teilnehmen, zum Teil als Gastspieler an ihren militärischen Einsatzorten, auch weil das dem Erhalt der Kampfmoral dienlich war. Die ersten „deutschen“ Profis waren dann aber nach dem Krieg der Bremer Bernd Trautmann und der Hamburger Alois Eisenträger in Großbritannien, wo sie als Kriegsgefangene gelandet waren. Für die deutsche Nationalmannschaft waren solche „Legionäre“ auch Jahre nach dem Krieg noch keine Kandidaten: Sepp Herberger, erst Reichs- dann Bundestrainer, ignorierte sie einfach. jank