Berlinmusik

Sonderbare Namen

Lumisokea. Liest sich erst einmal seltsam. Sperrig. Hinter dem Namenskonstrukt verbergen sich die beiden Musiker Koenraad Ecker und Andrea Taeggi, ein Belgier und ein Italiener. Beide leben in Berlin.

Was sie gemeinsam als Lumisokea an Klängen hervorbringen, ist ebenfalls seltsam. Man könnte ihre Musik für sehr rhythmischen, abstrakten Techno halten, der sich nicht so recht an die strengen Viervierteltakt-Vorgaben halten will. Allerdings klingen die Rhythmen oft gar nicht sonderlich elektronisch, man hat eher den Eindruck, einer transkontinentalen experimentellen Trommelgruppe zu lauschen, die sich für ihre Aufnahmen in ein sehr großes Kellergewölbe begeben hat.

Tatsächlich haben sich Ecker und Taeggi mit den traditionellen Rhythmuslehren Südindiens und Koreas beschäftigt. Die polyrhythmischen, leicht rituellen Exerzitien, die aus diesem Interesse entstehen, sind jedoch durchmischt mit irritierenden Elementen wie punktuell auftretenden Synthesizerbässen aus unmenschlichen Tiefenregionen, mit denen Lumisokea in die sehr offenen Räume ihrer Stücke hineinsägen.

Ihr aktuelles Album mit dem rätselhaften Titel „Transmissions from Revarsavr“ ist eine Verneigung vor dem sowjetischen Komponisten und Musiktheoretiker Arseni Awraamow, der auch unter dem Pseudonym Revarsavr (Revolutionary Arseny Avraamov) firmierte. Ihm und seinen revolutionären Avantgarde-Kollegen sind diese dichten, beinahe tanzbaren Nummern gewidmet, die vergangenes Jahr zum Teil auf rekonstruierten Instrumenten der sowjetischen Pioniere eingespielt wurden. Zu sehen waren sie in der Berliner Ausstellung „Generation Z“ im Rahmen des Festivals CTM.

Um bei den bemerkenswerten Wörtern zu bleiben: Einen ungewöhnlichen Namen hat auch das Techno-Projekt Kobosil. In diesem Fall handelt es sich um den Nachnamen des Berliner Produzenten Max Kobosil. Der ist Jahrgang 1991, also noch jüngeren Datums, hat sich aber inzwischen einen Platz als Resident DJ des Berghain gesichert. Was auch mit seinem Talent als Produzent zu tun haben könnte: Auf seinem Debütalbum „We Grow, You Decline“ empfiehlt sich Kobosil als erkundungswilliger Techno-Nichtroutinier, der in seinen Tracks schon mal falsche Fährten legt und die keinesfalls revolutionäre Kombination von Techno, Ambient und Industrial erfreulich frisch wirken lässt. Tim Caspar Boehme

Lumisokea: „Transmissions from Revarsavr“ (Opal Tapes)

Kobosil: „We Grow, You De­cline“ (Ostgut Ton)