IN DER KNEIPE
: Lob des Schnullers

Verstehst du, diese Babys wachsen ganz anders auf

Ich stand mit einigen Bekannten am Tresen meiner Stammkneipe. Viele von uns waren in letzter Zeit Vater geworden. Wir hatten schon einiges getrunken, als einer fragte: „Wie haben die das früher eigentlich ohne Schnuller geschafft? Meine Kleine liebt ihren Schnuller – was haben die früher nur ohne Schnuller gemacht?“ Nach einer kurzen Bedenkzeit sagte einer: „Wahrscheinlich gab es früher irgendwas anderes. Die Indianer im Amazonas zum Beispiel, vielleicht bekommen die Babys dort irgendwas aus Kautschuk?“ Ein anderer hakte ein: „Hast du jemals in einer Dokumentation ein Indianerbaby mit einem Kautschuk-Schnuller gesehen? Und was ist mit den den Eskimos, was bekommen die Eskimobabys – einen Eisschnuller?“ Ein anderer sagte: „Nein, nein, diese Babys wachsen natürlich auf, die brauchen keine Schnuller.“

Woraufhin ein anderer fragte: „Aber was hat das denn mit Natur zu tun? Du glaubst also, weil unsere Babys mit Autolärm, Radio und U-Bahn aufwachsen, deswegen brauchen die einen Schnuller? Das glaube ich einfach nicht.“ „Weswegen nicht, könnte doch sein“, sagte der mit der Naturtheorie. „Die nehmen ihre Kinder ja auch auf dem Rücken mit zur Arbeit, die haben immer Körperkontakt. Verstehst du, diese Babys wachsen ganz anders auf.“ „Das ist doch Quatsch“, antwortete ein anderer. „Die asiatischen Babys und die Indianerbabys und die Eskimobabys brauchen – wegen dem Saugreflex – genauso einen Schnuller wie unsere europäischen Babys.“

„Wie dem auch sei“, sagte derjenige, der die Schnullerdebatte ausgelöst hatte. „Ich bin der Meinung, dass die Erfindung des Schnullers eine großartige Sache war und wir dem Erfinder des Schnullers, wer auch immer das gewesen sein mag, dankbar sein sollten.“ Er erhob sein Glas und sagte: „Auf den Erfinder des Schnullers“, woraufhin wir alle auf den Erfinder des Schnullers anstießen. ALEM GRABOVAC