Der Lobbyist der Woche
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Der Schlossherr desertiert

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An ihm kam nicht vorbei, wer sich in den vergangenen Jahren für das Humboldt-Forum auf dem Berliner Schlossplatz interessierte: Manfred Rettig (Foto), Vorstand und Sprecher der Stiftung Berliner Schloss, war der gründlichste Verkäufer eines Vorhabens, von dem die Öffentlichkeit bisher nur die äußere Hülle kennt. Das Humboldt-Forum, das war vor 2009 nur ein bizarres Barockschloss, das, legitimiert durch einen Bundestagsbeschluss, aber gegen den Willen der Berliner Bevölkerungsmehrheit an die Stelle des abgerissenen Palasts der Republik gesetzt werden sollte. Wilhelminismus versus DDR, Moderne versus Barock – die Diskussionen kreisten stets um den Baukörper. Doch dann kam Rettig, und die Idee des Humboldt-Forums als modernes Museum der Weltkulturen hatte ihren ersten Fan.

Rettig verteidigte in unzähligen Interviews den guten Namen dieses Bauprojekts, für dessen reibungslose Durchführung er als oberster Bauherr verantwortlich war. Und es klappte: keine Bauverzögerung, keine Kostenexplosion. Für diese Zuverlässigkeit hatte man den Westfalen geholt. Mit Großprojekten des Bundes kennt sich der resolute Manager aus: Er war Chefstratege des Regierungsumzugs von Bonn nach Berlin, später Geschäftsführer der Bundesbaugesellschaft Berlin. Beim Humboldt-Forum stand er für das Versprechen, dass in der Stadt der Baudesaster wenigstens am Schlossplatz alles glattgeht.

Dieses Versprechen sieht Rettig nun gebrochen und hat gekündigt. Weil die Nutzer, allen voran Berlin mit seiner Sonderausstellung zur Stadt, auf Umbauten drängen, sieht Rettig die Baukosten steigen. Aus Protest trat er nun zurück, will im Kuratorium der Schlossstiftung aber weiter für sein Herzensprojekt werben. Nina Apin