Mehr Schulabgänger in der Warteschleife

BILDUNG Die Zahl derer, die nach der 10. Klasse statt im Job in einer Übergangsmaßnahme gelandet sind, ist auf Rekordhoch. Kritiker sehen die Schulreform daher als gescheitert an

Seit der Schulreform von 2012 veröffentlicht die Schulbehörde jedes Jahr die „Schulabgängerverbleibsstatistik“. Die soll aufklären, wo die Abgänger der 10. Klassen zum Stichtag 15. September geblieben sind. 2015 gab es keine Pressekonferenz, nur eine Mitteilung am Freitag vor den Weihnachtsferien. Denn die Ergebnisse sind ernüchternd.

4.609 junge Menschen haben im Sommer die Schule beendet und 36,7 Prozent begannen direkt eine Ausbildung. Mit 44 Prozent landeten die meisten von ihnen in der sogenannten AV Dual. Das ist eine Übergangsmaßnahme aus drei Tagen die Woche Praktikum und zwei Tagen Berufsschule, für jene, die keinen Ausbildungsplatz und keinen Job bekommen haben. Weitere 18,6 Prozent fielen unter Sonstiges, wozu etwa ein Jahr im Freiwilligendienst oder im Ausland, Wegzug oder das Erreichen der Volljährigkeit zählen.

Rainer Schulz, der Geschäftsführer des Hamburger Instituts für Berufliche Bildung, sieht in den Zahlen einen Erfolg. „44 Prozent sind zwar viel“, sagt er über die Abgänger, die in der Übergangsmaßnahme landeten. Aber in anderen Ländern sei es schlimmer. „Hamburg hat das kleinste Übergangssystem in ganz Deutschland.“

Das liegt zum einen daran, dass weniger Zehntklässler die Schule verlassen und fast die Hälfte der Stadtteilschüler das Abitur anstrebt. Zum anderen schaffte die SPD mit ihrer Reform einige Bildungsgänge an den Berufsschulen ab, mit dem politischen Versprechen, jedem, der kann und will, eine Lehrstelle zu garantieren.

Vom 2014er-Jahrgang haben so immerhin 40 Prozent eine Ausbildung und sieben Prozent einen Job bekommen, argumentiert Schulz. Weitere 5,6 Prozent gehen wieder zur Schule. Die Übrigen seien zum Stichtag zur Berufsvorbereitung oder zur Beratung bei der Arbeitsagentur gewesen. Nur ein „harter Kern“ von 157 jungen Leuten erkläre, so Schulz, sie wollten „nicht weiter beraten werden“. Die Zahlen seien besser als früher.

Kai Beiderwieden, Berufsschulexperte der AG Bildung bei der Linken, sieht die Reform insgesamt als gescheitert an. „Es wurden wieder Warteschleifen aufgebaut, statt Ausbildungsplätze zu schaffen“, sagt er. Die jungen Leute fielen nach der Schule in ein Loch. Petra Lafferentz vom Ausbildungsträger Alraune kritisiert, dass die Zahl der vom Staat geförderten Ausbildungsplätze unter der SPD von über 1.000 auf noch rund 500 Plätze „sogar halbiert wurde“. KAJ