US-Justiz greift bei VW durch

Abgasskandal I Die US-Regierung verklagt den Konzern, ihm droht eine Milliardenstrafe. Dem Autohersteller werden Tricks auch bei der Aufarbeitung des Skandals vorgeworfen

So malerisch sieht es für VW gerade nicht aus Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Von Richard Rother

BERLIN taz | In den USA kommt die juristische Aufarbeitung des VW-Abgasskandals voran: Die US-Umweltbehörde hat gegen den Wolfsburger Autokonzern Zivilklage vor einem Gericht in Detroit im Autostaat Michigan eingereicht. Dies teilte das US-Justizministerium am Montagabend mit.

VW wird vorgeworfen, Betrugssoftware in Dieselmotoren in fast 600.000 in den USA verkauften Fahrzeugen eingesetzt zu haben. Damit habe Volkswagen das öffentliche Vertrauen gebrochen, die Gesundheit der Bürger gefährdet und Wettbewerber benachteiligt. Dem Konzern droht laut Anklageschrift theoretisch eine Strafe in Höhe von gut 45 Milliarden Dollar plus einer weiteren möglicherweise milliardenschweren Zahlung im Ermessen des Gerichtes.

Die Klage richtet sich neben Volkswagen auch gegen die VW-Konzerntöchter Audi und Porsche. Der VW-Konzern hat sogenannte Abschalteinrichtungen beim Abgasreinigungssystem seiner Autos eingesetzt, um bei Emissionstests zu betrügen. Grund dafür könnte gewesen sein, dass aus den Motoren mehr Leistung herausgeholt werden kann, wenn die Abgasreinigung heruntergefahren oder ausgesetzt wird. Von dem Verfahren betroffen sind Fahrzeuge der Modelle Jetta, Beetle, Golf, Passat, Touareg, Porsche Cayenne und Audi.

Das Justizministerium kündigte an, alle Rechtsmittel auszuschöpfen. Dies könnte auch strafrechtliche Verfahren bedeuten. Zudem sieht sich VW noch zahlreichen Schadenersatzklagen von Privatpersonen in den USA ausgesetzt. Die Justizbehörde hebt hervor, Volkswagen für die widerrechtliche – weil nicht korrekt angegebene – Luftverschmutzung zur Rechenschaft ziehen zu wollen. Schließlich hätten kürzlich erschienene Studien gezeigt, dass die direkten Gesundheitsschädigungen durch Stickoxide schlimmer seien als bislang bekannt, darunter Atemwegserkrankungen sowie vorzeitige Todesfälle.

In der Klageschrift heißt es, VW habe die Ermittlungen der Behörden behindert

Besonders brisant für Volkswagen: In der Klageschrift heißt es, der Konzern habe die Ermittlungen der Behörden durch irreführende Angaben und das Vorenthalten von Material behindert. So habe VW eine Vielzahl von technischen Aspekten angedeutet, die die hohen Emissionen erklären sollten, aber keiner dieser Aspekte habe erklären können, warum sich die Autos während des offiziellen Tests anders verhielten als auf der Straße. Zudem habe VW wissentlich Fakten verheimlicht, die die Software-Manipulation hätten aufdecken können.

Ein VW-Sprecher sagte, der Konzern prüfe die Klage im Detail. Nach Bekanntwerden der Klage gab der Aktienkurs des Unternehmens um mehr als 3 Prozent nach.

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