taz.adventskalender Die 21
: Wir wünschen uns . . . andere Träume

Das Leben ist ein Wunschkonzert: Stimmt leider nicht ganz, aber zumindest im Advent werden Sehnsüchte, Hoffnungen – Wünsche eben – geäußert. Auch an dieser Stelle in der taz, bis zum 24. Dezember jeden Tag.

Ich wünsche mir, du liebes Berlin, dass du mich mal wieder in meinen Träumen besuchst. Am Anfang, als ich kam, hast du das oft getan. Einmal träumte ich, der Fernsehturm würde sich wie eine verkochte Spargelstange zu mir herunterbeugen und mich breit angrinsen. Ein andermal träumte ich, ich ginge durch das Tor einer Kirche in der Auguststraße und stünde plötzlich am Rand der Stadt, auf einem Feldweg mit weitem Blick über Felder, Wiesen und Wälder.

Aber wenn du wieder vorbeikommst, wie würdest du kommen, Berlin? Würde ich von Bekannten träumen, die nicht mehr da sind und die ich vermisse? Oder würde ich träumen, die alte Maria wäre wieder da oder es gäbe wieder Läden, die so heißen wie die Wochentage, an denen sie auf haben?

Am liebsten würde ich träumen, man könnte wieder für wenig Geld Wohnungen mieten, die so groß sind, dass man im Flur Fußball spielen kann. Oder dass man sich wieder auf Partys unterhalten könnte, ohne einander auszufragen, was man so macht – denn es gab mal eine Zeit, da machte hier fast jeder, was er wollte, und sprach nicht viel darüber.

Leider kann man sich keine Träume bestellen. Allerdings: Man weiß ja, dass man jede Nacht etwas träumt, aber sich meistens nicht erinnert. Wenn ich mal wieder in den Tag schlafen könnte, dann würde vielleicht auch bei mir wieder der eine oder andere Traum hängen bleiben. Und dann würde ich mich auch wieder an Träume erinnern, in denen Berlin eine tragende Rolle spielt.

Aber wenn du wieder vorbeikommst, wie würdest du kommen, Berlin?

Susanne Messmer