KOMMENTAR VON BETTINA GAUS
: So ist das im Krieg

Der Luftschlag war falsch. Jetzt sollte über Grundsätzliches geredet werden

Manchmal überraschen politische Äußerungen oder Entwicklungen. Manchmal allerdings auch nicht. Die jüngste Stellungnahme des – noch immer neuen – Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg zur Bombardierung von zwei entführten Tanklastern in der Nähe der afghanischen Kleinstadt Kundus überrascht nicht. Gar nicht. Sie war vorhersehbar. Man merkt die Absicht – und man ist verstimmt.

Die Botschaft: Was immer schiefgegangen ist, liegt in der Vergangenheit. Jetzt sollten wir alle gemeinsam nach vorn schauen. Jeder Rückblick wäre Rechthaberei, und was bringt das schon?

Nun ja. Vielleicht hilft es ja doch – auch für die Zukunft – bei einer Lageeinschätzung.

„Militärisch nicht angemessen“ sei der Angriff gewesen, erklärte Minister Guttenberg im Parlament nach gründlichem Studium aller Akten – also auch jener Papiere, die Untergebene dem Oberkommandierenden der Streitkräfte zunächst nicht so gern hatten zeigen wollen. Und: Der deutsche Oberst, der Luftunterstützung von Verbündeten angefordert hatte, habe „zweifellos nach bestem Wissen und Gewissen“ gehandelt.

Klingt gut. Es sei denn, man übersetzt die diplomatische Formulierung in Klartext. Dann nämlich bedeutet das, was der Minister gesagt hat: Ja, es sind bei dem Luftangriff offenbar auch Zivilisten ums Leben gekommen, die sich beim besten Willen und trotz größtmöglicher Dehnung des Begriffs nicht als Taliban oder andere „ungesetzliche Kombattanten“ bezeichnen lassen. Sondern die schlicht Unbeteiligte waren. Das aber sei aktuell schwer einschätzbar gewesen, weswegen dem Bundeswehr-Oberst keine Vorwürfe gemacht werden sollten.

Vielleicht ist das so. Vielleicht kann dem Oberst kein Vorwurf gemacht werden, vielleicht gab es aus der Sicht eines verantwortungsbewussten Führungsoffiziers keine Alternative zur Anforderung von Luftunterstützung. Erstaunlich wäre auch das nicht. So ist das im Krieg. Schuldige, Unschuldige, Gegner und Kollaborateure sind gleichermaßen in Gefahr, und sie werden gleichermaßen getötet. Hat der Luftschlag dem Kriegsziel gedient, der Stabilisierung von Afghanistan? Das behauptet auch der Minister nicht.

Was heißt: Es muss eben doch endlich über Grundsätzliches geredet werden. Nicht nur über jeweilig aktuelle Fragen.