Elfenbeinküste: Countdown zum Showdown

Anhänger und Gegner von Präsident Gbagbo machen mobil, die Armee plant den Notstand, und Frankreich rüstet auf. Denn am 30. Oktober läuft Gbagbos reguläre Amtszeit aus. Ein UN-Plan für die Zeit danach stößt überall auf Skepsis

ABIDJAN taz ■ „Entweder passiert gar nichts – oder es passiert viel Schreckliches“, sagt Moussa Traoré. Der leitende Redakteur der Abidjaner Tageszeitung Nord-Sud hat vorsichtshalber das halbe Redaktionsbüro evakuieren lassen. Denn wenn es in der ivorischen Metropole kracht, stehen kritische Zeitungen in der Schusslinie. Auch die Bevölkerung der größten Stadt der Elfenbeinküste bereitet sich auf ihre Weise vor. Gasflaschen sind überall in der Stadt ausverkauft. Die Leute decken sich mit Lebensmitteln ein für den Fall, dass das ivorische Militär eine Ausgangssperre verhängt. Gestern bestellte Präsident Laurent Gbagbo nochmals die Chefs aus Militär und Sicherheit ein. Sie erläuterten ihm ihre Strategie, Abidjan im Fall von Unruhen abzuriegeln.

Woher kommt die Aufregung? Schließlich herrscht seit drei Jahren schon Krieg, die Elfenbeinküste ist in ein Regierungsgebiet im Süden und ein Rebellengebiet im Norden geteilt. Doch jetzt gibt ein Datum der Krise neuen Schwung. Am 25. Oktober 2000 hatte Gbagbo die Macht in dem Land übernommen. Jetzt sind fünf Jahre um, seine Amtszeit läuft ab. Rebellen und Opposition haben klargestellt, dass Gbagbo aus ihrer Sicht spätestens ab der Nacht vom kommenden Sonntag auf Montag nicht mehr Präsident ist.

Aber nach einem Beschluss des UN-Sicherheitsrates bleibt Gbagbo doch im Amt – für maximal weitere zwölf Monate, um in dieser Zeit Wahlen zu ermöglichen. Dem neuen, alten Präsidenten wird dem UN-Plan zufolge ein Premierminister zur Seite stehen. Doch wer dieser neue Premier sein wird, ist noch völlig unabsehbar.

Die Bevölkerung sieht diesen erneuten Versuch einer politischen Lösung skeptisch. „Gbagbo wird nur einem Premier zustimmen, den er manipulieren kann“, sagt etwa eine Restaurantangestellte in Abidjan. Gbagbos Regierungspartei FPI ließ bereits verlauten, die UNO-Resolution dürfe nicht die Aufgabenverteilung zwischen Präsident und Regierung durcheinander bringen.

In der UN-Friedensmission in der Elfenbeinküste wird davon ausgegangen, dass trotzdem spätestens am Montag der zukünftige Premierminister benannt ist. Einen Plan B für den Fall, dass das nicht klappt, scheint es nicht zu geben. Auch befinden sich UN-Angehörige nicht in höherer Alarmbereitschaft. Dagegen gibt es Berichte über erhöhte Aktivität bei der französischen Armee, die rund 4.000 Soldaten zur Friedenssicherung in der Exkolonie stehen hat. Verstärkung soll bereits eingetroffen sein.

Ob in den kommenden Tagen bei den Ivorern eher das Hoffen oder das Bangen zunimmt, hängt davon ab, ob die verschiedenen Oppositionsgruppen versuchen, die Macht der Straße zu übernehmen. Oppositionelle Jugendverbände riefen gestern zu täglichen Demonstrationen auf – Gbagbo-treue Gruppen zu Gegenprotesten. HAKEEM JIMO