Zahlen – und dafür ein bisschen mitreden

Ab 2007 führen Bayern und Baden-Württemberg Studiengebühren ein. Die bayerische Regierung will die Studierenden dadurch besänftigen, dass sie über die Verwendung des Geldes mitentscheiden dürfen. Die Studierenden sind trotzdem sauer

AUS MÜNCHEN MAX HÄGLER

Bayerns Regierung will den Studierenden die Gebühren versüßen, indem sie ihnen Mitspracherechte bei der Verwendung des Geldes verspricht. Ab dem Sommersemester 2007 führen die beiden Süd-Bundesländer Studiengebühren ein – in Baden-Württemberg gilt ein fester Regelsatz von 500 Euro pro Semester, in Bayern können die Hochschulen den Beitrag selbstständig festlegen. Der zulässige Rahmen reicht dort von 100 bis 500 Euro pro Semester an Fachhochschulen, Universitäten und Kunsthochschulen können 300 bis 500 Euro verlangen.

Bayerns Wissenschaftsminister Thomas Goppel (CSU) erklärte, die Studierenden dürften mitentscheiden, wie das Geld verwendet wird: „Als Kunden der Hochschule erhalten die Studierenden mit ihrem Beitrag auch ein zusätzliches Mitspracherecht.“

Die haben sich schon jetzt zu Wort gemeldet: „Studiengebühren bringen keinerlei Verbesserungen für die Lehre. Sie verschärfen nur soziale Ungerechtigkeiten und schließen sozial Schwache noch stärker als bisher vom Bildungssystem aus“, wettert etwa Dorothee Chlumsky vom Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Ludwig-Maximilians-Universität in München. So seien etwa Bafög-Empfänger nicht von Gebühren befreit, für sie ergebe sich durch ein gebührenfinanziertes Studium ein Verschuldungsrisiko in Höhe von 15.000 Euro. Und auch den positiven Effekt auf die Hochschulen kann Chlumsky nicht nachvollziehen, obwohl Edmund Stoiber selbst beteuert hatte, dass die Studiengebühren „zu 100 Prozent in die Hochschulen fließen“ und der Freistaat zugleich keine Haushaltsmittel streicht.

In Chlumskys Augen ein „Märchen“. Schließlich behielten die Hochschulen zehn Prozent als Risikodeckung, weitere 40 Prozent verschlinge die Verwaltung. Und auch für den Hinweis, der Staat kürze keine Mittel, hat die Münchner AStA-Chefin nur ein Lächeln übrig: „Den Hochschulen wurde nur bis 2008 finanzielle Planungssicherheit gewährt. Das bedeutet, dass ein Jahr nach der Einführung der Studiengebühren diese Gelder an anderer Stelle wieder gekürzt werden können.“

Kein Argument in den Augen des bayerischen Ministers Goppel: „Die Studierenden profitieren unmittelbar von der verbesserten Finanzausstattung.“ Sie bekämen etwa eine intensivere Studienberatung, mehr Tutorien und Praktika sowie längere Bibliotheksöffnungszeiten.

Im Übrigen seien auch soziale Belange berücksichtigt worden. So sollen Studenten mit mindestens zwei Geschwistern oder mit eigenen Kindern von der Abgabe befreit werden. Praktikumssemester, Urlaubssemester und Promotionsstudiengänge bleiben kostenfrei. Zugleich sollen alle Studenten an bayerischen Hochschulen elternunabhängige Darlehen ohne Sicherheiten bekommen können, die erst nach Abschluss des Studiums je nach Einkommen in Raten zurückzuzahlen sind.

Aber ein Punkt dürfte den Asta vielleicht doch versöhnlich stimmen. Zumindest auf dem Papier möchte Bayern die „Hochschulkultur“ unterstützen und ermöglicht den Hochschulen, bis zu zehn Prozent der Studierenden von Gebühren zu befreien. Nicht nur Bestnoten sollen belohnt werden, sondern etwa auch Studierende, die Tutorien für andere übernehmen oder die sich in der studentischen Mitwirkung der Hochschule engagieren.

Auch in Baden-Württemberg sollen die Studierenden von den Gebühren profitieren: „Wir wollen mehr Qualität in Studium und Lehre, nicht mehr Quantität“, sagte Wissenschaftsminister Peter Frankenberg (CDU). Und auch dort werden über die landeseigene Bank Studentenkredite ermöglicht. Das Darlehensvolumen beträgt demnach 500 Euro pro Semester Regelstudienzeit, plus vier Toleranzsemester. Die Rückzahlung muss zwei Jahre nach Ende der Auszahlungsphase beginnen.