Berlinmusik

Ein Gelände ertasten

Mit ihrem leicht exotisch wirkenden Namen könnte man Magda Mayas für eine aus einem fernen Land nach Berlin gereiste Musikerin halten. Geboren ist die Pianistin, die zu den Größen der freien Improvisation in Berlin gehört, tatsächlich in einem anderen, wenn auch nicht ganz so entlegenen Land, in Nordrhein-Westfalen nämlich, genauer in Münster.

Mayas ist dabei neben ihren Verpflichtungen hier in der Stadt international so aktiv, dass dieser kleine biografische Hinweis entschuldigt sein möge. Reisen muss sie viel, nicht nur für Konzerte, sondern auch, um Meisterklassen und Workshops rund um die Welt anzubieten. In Göteborg arbeitet sie parallel an ihrer Dissertation, in der sie sich mit erweiterten Instrumentaltechniken, Spektralmusik und Psychoakustik in der improvisierten Musik beschäftigt.

Man muss sich Magda Mayas als eine unermüdliche Klangforscherin vorstellen, die Instrumente nicht in erster Linie als Mittel betrachtet, mit denen sich Bestehendes reproduzieren lässt, sondern sie vielmehr nutzt, um auf ihnen Noch-nicht-da-Gewesenes hervorzubringen. Ihr Hauptinteresse gilt, passend zu ihrem Promotionsvorhaben, den erweiterten Möglichkeiten ihres Instruments, des Klaviers, das sie in unterschiedliche Richtungen hin erkundet, zum Teil im Stile des prepared piano mit Gegenständen, die auf den Saiten befestigt werden, zum Teil durch Spielen im Inneren, um das Farbspektrum immer aufs Neue zu bereichern.

Auch auf ihrem aktuellen Soloalbum „Terrain“ kann man ein sehr ungewohntes Klavier hören, mit Tönen, die nicht nur kaum an dessen übliche Nutzung erinnern, sondern nach ganz artfremden Klangquellen klingen, solchen, die im Unterschied zum Klavier auch schon mal stufenlos die Tonhöhe ändern können. Neben Zupfen, Sirren, Scheppern und Klirren gibt es dazu auch einige heftige Verzerrungen.

Und die zweite Hälfte von „Terrain“ ist sogar einem völlig anderen Tasteninstrument gewidmet, dem Clavinet, auf dem Mayas auch live oft zu erleben ist. Diese elektrische Version des traditionellen Clavichords – Stevie Wonder hat dem Clavinet in seinem Song „Superstition“ zu einiger Bekanntheit verholfen – offenbart ein noch einmal anderes Arsenal an Klangoptio­nen. Die kreiselnden Figuren, die Mayas darauf erzeugt, lassen am ehesten an eine elektrische Gitarre denken, vor und hinter dem Bund gespielt. Ein filigranes Gelände, in dem es aber auch Spannung und Dringlichkeit gibt. Tim Caspar Boehme

Magda Mayas: „Terrain“ (Gaffer Records)