Flüchtlinge in der Warteschlange

Kasim Schemsallah, Irak

Seit wann warten Sie?

Seit vier Tagen warte ich darauf, dass ich drankomme. Ich hatte einen Termin, der wurde immer wieder verschoben, heute haben sie ihn wieder auf Montag verschoben.

Wie warten Sie?

Ich versuche, so wenig wie möglich zu essen. Wenn ich den ganzen Tag in der Schlange stehe, kann ich nicht auf die Toilette gehen. Daher esse ich nur Proteine, keinen Zucker oder Kohlenhydrate und trinke auch nichts. Heute esse ich scheibenweise eingeschweißten Käse.

Wir stehen die ganze Zeit, es gibt keinen Platz, wo ich mich kurz hinsetzen könnte. Morgens um 4 Uhr müssen wir kurz rennen, danach wieder anstehen. Wenn ich aus der Reihe gehe, verliere ich meinen Platz. Seit zwei Tagen war ich nicht mehr in einer Wohnung. Mittags habe ich mal eine halbe Stunde drinnen im Sozialamt gedöst.

Wie fühlt sich das Warten für Sie an?

Es macht mich verrückt. Mein einziger Gedanke ist: eine Nummer, wenn ich doch eine Warte­nummer hätte! Den ganzen Tag denke ich über eine Nummer nach. Ich weiß, dass es langsam wie besessen ist, aber ich kann nichts dagegen tun. Ich versuche, meine Nerven zu beruhigen. Ich versuche, meine Müdigkeit, meine Bauchschmerzen, den Drang, auf die Toilette zu gehen, nicht zu spüren.

Ich verstehe, dass Deutschland auch Druck hat. Wenn ich ein Problem bekomme mit der Polizei oder der Security, bringt das auch nichts. Deshalb versuche ich, ruhig zu bleiben, niemanden zu beleidigen, keine Aggressivität zu zeigen und immer respektvoll zu sein.