LeserInnenbriefe
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Projekt 18 Prozent

betr.: „Die vielen Tänzchen der SPD“, „Der Dreiviertel-Vorsitzende“, taz vom 12./13. 12. 15

Festzustellen bleibt, dass das „Projekt 18 %“ der SPD ein ordentliches Stück vorangekommen ist. Die aktuellen Umfragen sehen die SPD bekanntlich um die 25 Prozent – mal etwas mehr, mal weniger. Die Bewertung der Arbeit des SPD-Parteichefs Sigmar Gabriel durch die Juso-Chefin Johanna Uekermann mit einer schmeichelhaften Vier minus traf diesen empfindlich. Man kann daraus lernen, dass man auch „unbefriedigende Leistungen“ eines ehemaligen Lehrers bewerten kann – wenn frau sich traut!

Gerade die mangelnde Verlässlichkeit der SPD und die Überheblichkeit Gabriels, der den Kontakt zur Parteibasis und zu (ehemaligen) SPD-Wählern längst verloren hat, sprechen seit der „Agenda 2010“ eine verräterische Sprache gegenüber der historischen Zielgruppe „Arbeitnehmer/innen“. Viele ehemalige SPD-Mitglieder und -Wähler wurden zu den LINKEN „vergrault“. Die Folge: Mit Bodo Ramelow gibt es in Thüringen den 1. Linken-Ministerpräsidenten unter Rot-Rot-Grün. Welche neue Zielgruppe wollen Gabriel und die SPD ernsthaft noch von sich und ihren Programmen überzeugen? Klaus Jürgen Lewin,Bremen

Kein Arzt, weil Wochenende

betr.: „Schwester Carla hat eine ruhige Schicht“, taz vom 12./13. 12. 15

Seit über 20 Jahren begleite und unterstütze ich meine kranke Mutter bei Krankenhausaufenthalten. Sie ist normalerweise in einem großen, katholisch geführten Krankenhaus in Regensburg untergebracht. Sie ist gesetzlich versichert, ohne Zusatzversicherung. Das Zimmer, in dem eine Gymnasialdirektorin und/oder Landrätin neben einer Müllfrau/Putzfrau liegt, haben wir noch nicht gefunden. Die Zimmer sind natürlich nach Versichertenstatus unterteilt: also gesetzlich, privat mit Chefarzt oder ohne, Einzelzimmer-zusatzversichert und so weiter. Die Schwester, die nachfragt, ob noch ein Kissen benötigt wird, ist mir auch noch nicht begegnet. Im Gegenteil habe ich für meine Mutter schon einige Male ein zusätzliches Kissen von zu Hause mitgebracht, denn O-Ton: „Wir haben kein Kissen mehr, es ist Wochenende.“ Übrigens war da auch kein Arzt mehr, weil Wochenende. Also bitte sagt mir, ob das in Berlin echt egal ist, wie Mann/Frau versichert ist, und alle gut behandelt werden im Krankenhaus, dann suche ich eine Wohnung. Manuela Färber-Elbin, Regensburg

Infame Vulgärpsychologie

betr.: „Das Sturmgeschütz der Israelkritik“, taz vom 11. 12. 15

Laut Pascal Beucker ist Jakob Augstein also Antisemit. Wieso? Er „bringt alles Böse in der Welt mit den Juden und ihrem Staat im Nahen Osten in Verbindung“. Und warum verhält er sich so? Möglicherweise, weil sein Vater die Spiegel-Redaktion mit Hilfe alter Nazis aufgebaut hat. (Hier wird Beuckers Vulgärpsychologie tatsächlich infam.) Beuckers Behauptung stützt sich im Wesent­lichen auf drei Sätze aus Augsteins letzter Kolumne:

„Die offizielle Linie der AfD hat kein Problem mit Israel […]: So rechts wie die deutschen Rechtspopulisten ist die Regierung von Benjamin Netanjahu allemal. Vor allem aber eint die israelische Politik und die AfD die […] kritische Haltung gegenüber dem Islam.“ Und was, bitte, ist daran antisemitisch? Dass Israel die bisher vermutlich rechteste Regierung mit teilweise rassistischen Tendenzen hat, ist durch zahlreiche Äußerungen von Netanjahus Regierungsmannschaft und ihrem Umfeld belegt. Und was die kritische Haltung zum Islam anbelangt: Netanjahus Äußerung, der Holocaust sei von einem Mufti initiiert worden (taz 22. 10.), muss die AfD erst einmal übertreffen! Andreas Unger,Berlin

Unfähige Dompteure

betr.: „Protest im Zeichen des Terrors“, taz vom 30. 11. 15

Wie kann man ein Demonstrationsverbot in Paris unmittelbar nach den Anschlägen für nachvollziehbar halten und dann zwei Wochen später – wie in Ihrem Kommentar – nicht mehr? Was hat sich denn verändert in diesen zwei Wochen?? Unsere Verwundbarkeit? Die Möglichkeit, auch bei verhängtem Ausnahmezustand in europäischen Großstädten Terroranschläge zu verüben? Terror ist und war jederzeit auch bei uns in Europa möglich. Ausnahmezustände bewirken nur eins: Sie höhlen demokratische und freiheitliche Verhaltensstrukturen aus.

Die Mehrheit der Politiker auf dem internationalen Parkett wirkt auf mich wie eine verschworene Gemeinschaft von Dompteuren, die es nicht mehr schaffen, die Löwen und Tiger nach ihrer Vorstellung tanzen zu lassen. Hildegard Meier,Köln

Aufopferungsvolle Exotenhalter

betr.: „Illegal gefangen, legal verkauft“, taz vom 10. 12. 15

Vollkommen richtig ist die Forderung, den illegalen Handel mit Tieren gleich welcher Art zu unterbinden. Doch gerade die Exotenhalter und Züchter müssen im Moment viel einstecken, viele von ihnen opfern viel Freizeit und Geld, um ihren Pfleglingen eine Haltung der Art entsprechend zukommen zu lassen.

Einige haben sich immenses Fachwissen angeeignet und halten und züchten ganz legal. So manch einer arbeitet mit Tierparks und zoologischen Gärten zusammen und einige Arten wurden so vor dem Aussterben bewahrt. Die drohende Naturzerstörung hier und in den Tropen lässt sich ja kaum noch stoppen.

Stefan vom Stein, Remscheid