Lenzen an Alle

UNI-CHEF Der gewählte Dieter Lenzen schrieb allen 38.000 Studierenden der Uni Hamburg einen Brief

Demokratie an Hochschulen ist seit der Lenzen-Wahl aktuelles Thema. Die BesetzerInnen des Audimax haben jetzt eine „Woche der Demokratie“ auf die Beine gestellt. Von Montag bis Freitag sind 29 Termine geplant, nachzulesen unter www.woche-der-demokratie.de. Hier ein Auszug:

■ Politologe Michael Greven wird am Dienstag um 18 Uhr eine kontroverse These aufwerfen: Er ist für mehr Mitbestimmung an der Uni, aber nicht für mehr Demokratie.

■ Thorsten Bultmann vom Bund demokratischer WissenschaftlerInnen wird zur gleichen Zeit im Audimax 1 Kritik an „Exzellenzinitiativen“ üben.

■ „Wie weiter mit dem Hochschulgesetz?“ Dazu tagt am Mittwoch um 16 Uhr ein Workshop.

Der vor zwei Wochen gewählte neue Uni-Präsident Dieter Lenzen stellt sich auf ungewöhnlichem Weg den 38.000 Studierenden vor: Er schrieb einen Brief, der am Donnerstag in den Postkästen lag.

Der Impuls dazu kam von der Uni-Leitung. „Es war dem Präsidium sehr wichtig, dass frühzeitig Informationen über den gewählten Präsidenten fließen“, sagt Sprecherin Birgit Kruse.

In dem Schreiben schreibt der noch amtierende Berliner FU-Präsident, dass die Hamburger Uni zu Unrecht für mittelmäßig gehalten werde. „Daten und Erfahrungen“ sprächen für ihre Qualität. Sie sei eine Volluniversität mit einer großen Geschichte des „bürgerschaftlichen Engagements in der Demokratie“. Gerade die Fächervielfalt sei eine Stärke, dies gelte „insbesondere für die Geisteswissenschaften“.

Lenzen spricht sich in dem Brief für eine Änderung des Hamburger Hochschulgesetzes aus. Dies habe „Möglichkeiten zur Willensbildung, zum Beispiel unterhalb der Fakultäten, zu Unrecht erschwert“. Auch votiert er gegen Studiengebühren und erklärt, dass Lernen ein „autonomer Vorgang“ sei, der bei jedem Menschen individuelle Wege nehme. Es müssten Freiräume geschaffen werden, unter anderem dadurch, „dass Anwesenheit nicht unpädagogisch erzwungen und kleinlich kontrolliert wird“.

Der Brief wurde auf der Homepage der Audimax-Besetzter (hamburgbrennt.blogspot.com) veröffentlicht. Besonders die Ausführungen zur Demokratie stoßen auf Skepsis. Lenzen habe in Berlin regen Gebrauch von einer Gesetzesklausel gemacht, die dem Uni-Präsidium „mehr Macht gewährte“, sagt Student Constantin Braun. Auch gibt es an der Berliner FU umstrittene Anwesenheitskontrollen.

Offiziell hat Lenzen die Wahl noch nicht angenommen. „Wir sind noch im Gespräch“, sagt Wissenschaftsbehördensprecher Timo Friedrichs. Es ginge nur noch um „Banalitäten“, wie etwa die Anrechnung von Ruhebezügen. Berichte, wonach Lenzen mit einer großen Schar von Mitarbeitern aus Berlin anreise, bestätigt Friedrichs nicht: „Es wird kein ganzer Stab von vier oder fünf Mitarbeitern sein“. KAIJA KUTTER