Besinnliches Schnitzeln

WEIHNACHTSSPOTT Mit illuster Besetzung bringt die Vers- und Kaderschmiede mit Peter Hacks’ Dramolett „Der Bischof von China“ Götterlästerliches auf die vorweihnachtliche Bühne

Die Unwissenheit führt zu allerlei Missverständnissen und Verwicklungen

VON ROBERT MATTHIES

1704 entschließt sich der Papst. Clemens XI. schickt einen Legaten nach China, um dem Kaiser Kang Hsi sein Verbot chinesischer Kultgebräuche zu überbringen. Götzendienst und Aberglaube sei es, den Ahnen, Konfuzius und dem Himmel die Ehre zu erweisen. Der zweitmächtigste Monarch der Welt reagiert gnädig und empfiehlt die kaiserlichen Schwefelbäder zur Kur des von der Reise erschöpften Körpers. Als dem Kaiser schließlich mit Glaubenskrieg gedroht wird, entscheidet er getreu seinem Motto: „Die bescheidene Maßnahme vor der äußersten“, verweist die Delegation des Papstes des Landes und lässt dreitausend chinesische Christen enthaupten.

Auch den zweiten päpstlichen Nuntius fertigt der seit 50 Jahren regierende Kang Hsi kurz darauf ab: ohne Ansehung der Gründe habe der Papst verurteilt, urteilt der kaiserliche Förderer der Kunst und Wissenschaften; und antwortet: „Wie können die Europäer etwas über die große Lehre der Chinesen entscheiden, deren Sprache sie nicht einmal verstehen!“

Peter Hacks hat das Aufeinandertreffen von Qing-Dynastie und Christentum und sein weltpolitisches Konfliktpotenzial 1998 in seinem Dramolett „Der Bischof von China“ aufgegriffen, das bislang nur einmal aufgeführt wurde: 2004, als Puppentheater. Darin tauchen zwei merwürdigen Figuren am kaiserlichen Hof auf – der eine behauptet, der „Partiarch von Antiochien“ zu sein, der andere gibt sich als „Bischof von China“ zu erkennen. Der nach einer Audienz etwas überarbeitete Kaiser schwankt, wie er auf die Nachricht eines seit Jahrzehnten andauernden Inquisitionsprozesses gegen ihn reagieren soll: die „Schmeißfliegen“ einfach rauswerfen? Oder „schnitzeln“? Viel schmerzhafter als der christliche Scheiterhaufen! Oder es ihnen erklären? Dass man gegen den Göttlichen gar keinen derartigen Prozess anstrengen kann? Sicher ist so viel: Die gegenseitige Unwissenheit voneinander führt zu allerlei Missverständnissen und Verwicklungen.

Zu welchen, das erfährt man am Montag- und Dienstagabend im Polittbüro, wenn die Vers- und Kaderschmiede Hacks’ Dramolett als götterlästerliches und spottendes Gegengewicht zur vorweihnachtlichen Besinnlichkeit zweimal auf die Bühne bringt. Im päpstlich-kaiserlichen Kampf der Kulturen streitet dabei ein illustres Grüppchen: Mit dabei sind als Schauspieler Reinhard von Hacht, Jacques Palminger, Harry Rowohlt und Robert Stadlober. Der Hamburger Musik-Kabarettist Marco Tschirpke begleitet den Showdown am Klavier.

■ Mo, 7. 12. + Di, 8. 12., 20 Uhr, Polittbüro, Steindamm 45