„Normal leben. So wie Deutsche“

Das lange Warten auf den Asylbescheid – George Awad aus Kairo hatte es satt. Nach Monaten im Flüchtlingsheim, in denen nichts passierte, organisierte sich der 21-jährige IT-Student selbst ein Praktikum. Dabei kam er mit einem Produktionsstudio für Sprachlernvideos in Kontakt, für das er heute als Übersetzer arbeitet.

Wir wollten es wissen: Wer sind die Menschen, die sich auf den Weg machen, um in Deutschland ein neues Leben anzufangen? Wie erleben sie ihre Ankunft in Berlin? Was möchten sie erreichen?

Die taz-Videoserie porträtiert fünf Flüchtlinge. Sie entstand als Gemeinschaftsprojekt der Ressorts Berlin und Online. AutorInnen des Projekts: Svenja Bednarczyk, Julia Boek, Malene Gürgen, Rieke Havertz, Susanne Memarnia und Ronny Müller. Fotos: Hayyan Al Yousouf

Wir haben uns auf die Suche nach Flüchtlingen begeben, die auf einen Neuanfang warten und uns ihre Geschichte vor der Kamera erzählen.

Ramez Alsaid aus Damaskus hat es geschafft: Er darf in Deutschland bleiben, sein Asylantrag wurde bewilligt. Seit März 2015 lebt der 29-Jährige in einer Einzimmerwohnung in Berlin-Wedding, kürzlich fand er Arbeit als Brandschutz­wache und Sicherheitsmann. Nur eine Sache fehlt noch: Alsaid möchte Freunde finden.

Gefunden haben wir fünf Menschen, die gerade die Schule beendet hatten, studierten oder in ihrem Beruf arbeiteten, als Krieg und Terror sie aus ihrem Alltag rissen.

Bevor Mohammed Abdalaziz nach Berlin kam, hatte er in Tripolis gerade die Schule abgeschlossen. Seit Juni 2014 lebt der 23-Jährige in Berlin. Dass die Stadt so international und lebendig ist, gefällt ihm. Schwierig dagegen sei das Warten auf den Asylbescheid. Abdalaziz möchte studieren und eine Familie gründen.

In Berlin möchten Sie nun neu starten, doch das ist schwierig: Denn wie so viele hängen fast alle unsere Interviewpartner in der Warteschleife. Das Warten – auf eine Arbeitserlaubnis, den Mietvertrag – wird zu einer Zerreißprobe für Menschen wie George Award, der davon träumt, sein Studium zu beenden.

Erzählt Obaid Al Yousouf aus Syrien von seiner Oud, einer arabischen Kurzhalslaute, wird sein Blick ganz weit. Erst vor ein paar Wochen kam der Musiker nach Berlin, seine Oud aber musste er in Syrien zurücklassen. Der 28-Jährige hofft, eines Tages in einem deutschen Orchester zu spielen. Gerade wartet er auf seine Registrierung.

Ihre Geschichten haben unseren Blick erweitert. Wir hoffen, dass es Ihnen auch so geht. Auf www.taz.de/zuflucht können Sie die Videos anschauen.

Eigentlich wollte Kamar Jabal in Berlin eine arabische Konditorei eröffnen, doch ließen die erforderlichen Genehmigungen so lange auf sich warten, dass die Ladenräume an andere vergeben wurden. Nun hofft die 28-Jährige, die vor zwei Jahren mit ihrer Familie aus Aleppo nach Deutschland kam, auf eine Stelle in der Buchhaltung.

Mehr übers Wartenlesen Sie in der Sachkunde auf den Seiten 29–32