Werkstatt für den Globus

WERKSTATT 3 Zum 30. Geburtstag gönnt sich das Dritte-Welt-Zentrum eine professionelle Organisationsentwicklung – und einen neuen, wenn auch eingeführten Namen

„Ich werde versuchen, „erstmal den Status Quo zu halten“

Naciye Demirbilek, W 3-Geschäftsführerin

VON GERNOT KNÖDLER

Die Globalisierung ist am Dritte-Welt-Zentrum „Werkstatt 3“, genannt W 3, nicht spurlos vorüber gegangen. „Früher war die W 3 der einzige Ort, wo du Weltmusik hören konntest“, sagt Burkhard Leber, der das Programm plant. Heute ist Weltmusik in aller Ohren. Viele Orte werben um die gleichen Fördertöpfe und Gruppen. Ähnliches gelte für Veranstaltungen zur internationalen Politik – zumindest für solche, die gerade Konjunktur haben, sagt Leber. Die W 3 hat den Schluss gezogen, dass sie sich verändern muss – und sich zum 30-jährigen Jubiläum eine Organisationsberatung ins Haus geholt.

Die Welt hat sich seit dem Jahr 1979, als eine Reihe von Initiativen in der ehemaligen Dralle Fabrik in Ottensen unter ein Dach gezogen sind, grundlegend verändert. Sie sanierten in Eigenleistung und mit 100.000 D-Mark Startkapital von der evangelischen Kirche das Gebäude. Und sie gründeten den gemeinnützigen Verein „Kommunikations- und Informationszentrum für Entwicklung, Frieden und Menschenrechte, Werkstatt 3“, der die Räume vergab, das Veranstaltungsprogramm plante und die Aktivitäten der Gruppen koordinierte. Eine Kneipe mit Bio-Essen – von gutbürgerlich bis asiatisch – gehörte von Anfang an dazu.

Die meisten großen Themen sind geblieben – auch wenn „Frieden“ seit dem Ende des Kalten Krieges an Gewicht verloren und eine Akzentverschiebung erfahren hat. Zu den Vereinsmitgliedern gehört die Bundeskoordination Internationalismus (Buko) ebenso wie Robin Wood, Terre des Hommes und der Nicaragua Verein (siehe rechts) – um nur die Bekanntesten zu nennen. Viele Gruppen decken Themen jenseits des Mainstreams ab, etwa die Peru-Initiative Hamburg, der Club der Kurdischen Schriftsteller und Dichter oder der Flüchtlingsrat.

Die Leute von der W 3 wissen, dass im Spezialangebot ihre Stärke und ihre Verpflichtung liegt – zugleich macht ihnen das Probleme. „Es wird immer schwieriger, unsere Themen an die Menschen zu bringen“, sagt Programmkoordinator Leber. Früher habe es eine große internationalistische Szene gegeben, die sich für Zusammenhänge und eine Vielzahl von Themen interessiert habe. Heute dagegen sei das Publikumsinteresse viel mehr von Konjunkturen bestimmt: Chávez läuft gut, für Papua Neuguinea – Lebers Ansicht nach mindestens genauso interessant – interessieren sich nur wenige. „Eventuell müssen wir unsere Methoden und die Formen unserer Veranstaltungen verändern“, sagt Leber. Wie bei dem erfolgreichen Bildungsprojekt „Open School“ für Schüler und Lehrer, sei es möglicherweise sinnvoll, Zielgruppen direkt anzusprechen.

Der Anfang zu einer Neuorientierung ist gemacht. Mit Naciye Demirbilek hat die Werkstatt 3 zum ersten Mal eine Geschäftsführerin. Sie soll sich um das Fundraising für Projekte kümmern – institutionell wird die W 3 von der Kulturbehörde gefördert. Außerdem soll Demirbilek das Programm erweitern und die tendenziell auseinander strebenden Bereiche der W 3 koordinieren. Sie werde versuchen, „erstmal den Status Quo zu halten“, sagt Demirbilek. Das sei schon schwierig genug.

Die Werkstatt 3 hat sich auch ein neues Leitbild gegeben. Nach wie vor gehe es darum, das Bewusstsein für globale Zusammenhänge zu schärfen und dafür, welche globalen Folgen das eigene Handeln hat, sagt Demirbilek.

Sogar ihren komplizierten Namen hat die Werkstatt 3 vereinfacht. Künftig heißt sie „W 3 – Werkstatt für internationale Kultur und Politik“. Die Abkürzung „W 3“ gilt damit offiziell. Wie Leber sagt, hilft das Missverständnisse zu vermeiden: „Wir kriegen manchmal Anrufe: Was für ne Werkstatt sind Sie denn?“