LeserInnenbriefe
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Überhöhte Abgaswerte

betr.: „Arbeitsverweigerer Dobrindt“, taz vom 23. 12. 15

Anlässlich der drohenden Klage der Europäischen Union wegen der zu hohen Feinstaub-, Kohlendioxid- und Stickstoffdioxidbelastungen in Deutschland hätte man eigentlich annehmen können, dass die PolitikerInnen auf vorgeschlagene Entlastungen eher positiv reagieren würden. Aber offensichtlich sind wieder einmal die Großkonzerne dabei, der Politik die Regeln zu diktieren (Ingo Arzt). Wie die Recherchen aufgedeckt haben, leistet die Diesel-Technologie eben keinen Beitrag, die Klimaziele zu erreichen, wie Verkehrsminister Alexander Dobrindt meint. Und die „Anwendung technischer Möglichkeiten“ dient höchstens dazu, Abgaswerte durch Softwareprogramme zu schönen, nicht aber „95 Prozent der Stickstoffemissionen (zu) vermeiden“. Wie man sich die Arbeit „unter Hochdruck“ des Ministeriums von Dobrindt vorstellen kann, bleibt im Dunkeln: Es liegen ja schließlich seit Langem verlässliche Daten von Umweltinstitutionen vor. Auf weitere von der Deutschen Umwelthilfe aufgedeckte Manipulationen bei anderen Autoherstellern wie Mercedes und BMW reagiert das Verkehrsministerium erst gar nicht, während die Konzerne mit allen Mitteln versuchen, unliebsame Berichte zu verhindern. Das geht so weit, dass in Deutschland keine Prüfeinrichtung bereit ist, Abgastests für Umweltverbände oder Medien durchzuführen. Minister Dobrindt beschäftigt sich dagegen lieber mit neuen Regelungen für private und gewerbliche Drohnenflüge, darunter die Ausweitung von Flugverbotszonen samt Vorratsdatenspeicherung kleiner Drohnen.

Interessant wird sein, ob sich im Januar 2016 die Umweltpolitiker im Europaparlament mit ihrer Ablehnung des Entwurfs der EU-Staaten zu neuen Abgastests durchsetzen können oder ob wieder die mächtige Autolobby für eine Verwässerung der Grenzwerte sorgt. Bei den bereits seit Jahren bestehenden überhöhten Abgaswerten, die Umwelt und Klima schaden, ist eine Erhöhung der Toleranzschwelle beim Abweichen von geltenden Grenzwerten nicht zu verantworten.

HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Politisches Desaster

betr.: „Das Jahr der Bundeskanzlerin“, taz vom 24. 12. 15

„Warum profitieren die Bundesgrünen nicht vom aktuellen Flüchtlingsthema?“, fragt Peter Unfried. Man könnte diese Frage auch auf die Linken erweitern.

Es wäre durchaus eine Chance, vor allem für die Grünen, mit einer pragmatischen, sachlichen Stimme in diese von extremen Polarisierungen gekennzeichneten öffentlichen Debatte einen Ton hinein zu bringen, welcher dem Thema angemessen wäre, jedenfalls dann, wenn man konstruktive Lösungen anstrebt. Die Grünen sind intern zu vielfältig und vielleicht auch zu wenig autoritär strukturiert, als dass sie in der Lage wären, sich kurzfristig auf einen gemeinsamen Nenner zu verständigen. Dass ein solches Thema in ihrer humanitären Dimension von einer Unionskanzlerin geprägt wird, ist ein politisches Desaster für Grüne und Linke.

Nach meiner Einschätzung ist es einem Mangel an politischer Professionalität zu verdanken, dass die politische Linke und insofern auch die Grünen das öffentliche Terrain komplett den Populisten überlässt. EWALD BECK, Bad Homburg

Grüne bieten keine Alternativen

betr.: „Das Jahr der Bundeskanzlerin“, taz vom 24. 12. 15

Die Grünen profitieren nicht, weil sie keine Alternativen anbieten. In Ländern wie Baden-Württemberg und Hessen überbieten sie sich mit Abschiebezahlen, Kretschmanns Ziehsohn Palmer eskaliert und testet die Grenzen grüner Menschenrechtspolitik aus, in der er jede politische Aussage der Grünen bis hin zur Genfer Flüchtlingskonvention infrage stellt, die Grünen in Regierungen schwätzen auch nicht anders, als es Merkel tut. Man ist vernünftig, hat keine Visionen mehr und erst recht keinen Plan. Wer sollte ihn auch zeichnen? Grüne könnten profitieren, wenn sie aufzeigen könnten, wie es anders geht. Nur: dazu sind die Grünen von 2015 nicht in der Lage – in keinem politischen Thema mehr – außer vielleicht gerade noch dem Orchi­deenthema Netzpolitik. JÖRG RUPP, Malsch

Weniger Konsum

betr.: „Kurzsichtige Klima-Nörgler“, taz vom 24. 12. 15

Da wollen doch ein paar Klima-Nörgler die Jubelstimmung von Paris stören. Wo doch alles so toll auf freiwilliger Basis gelaufen ist. Da stört auch nicht, dass diese Zusagen der Länder, selbst wenn sie eingehalten würden, immer noch auf 2,7 Grad hinauslaufen. Die Länder stehen ja dann am öffentlichen Pranger. Na, das wird die dann stramm stehen lassen. Und die wichtigste Frau der Welt raunt schon mal hinter vorgehaltener Hand 1,5 Grad. Da sind alle sehr beeindruckt. Hallo, geht’s noch? Wirtschaftswachstum, Bau neuer Atomkraftwerke, 55.000 Kohlekraftwerke usw., der Planet durchlöchert wie ein Schweizer Käse. Alles nach der Wunderformel Entkopplung von Ressourcenverbrauch und Wachstum? Wie wär es denn mit weniger Produktion und Konsum und mehr Gerechtigkeit? Wohl zu schwierig zu verhandeln?

EBERHARD BUEB, Lanzarote