"Bossi hat ein Anwaltsgenre begründet"

Juristische Fragen

Foto: Rolf Zoellner

Wenn wir uns in der Einschätzung juristischer Fragen unsicher sind, rufen wir immer Christian Rath an. Heute zum letzten Mal in diesem Jahr.

1Uli Hoeneß hat vorzeitige Haftentlassung beantragt. Käme er im März frei, hätte er nur die Hälfte seiner Haftstrafe verbüßt. Will er einen Promi-Bonus?

Normalerweise werden Haftstrafen erst nach zwei Drittel der Zeit zur Bewährung ausgesetzt. Die Aussetzung nach der Hälfte ist selten – vor allem bei Straftätern, die zu Strafen über zwei Jahren verurteilt wurden. Hoeneß erhielt dreieinhalb Jahre wegen Steuerhinterziehung. Allerdings hat er auch eine sehr gute Sozialprognose.

2Der Münchner Staranwalt Rolf Bossi hat Prominente wie Romy Schneider vertreten. Am Mittwoch ist er im Alter von 92 Jahren gestorben. Was bleibt?

Bossi hat in Deutschland wohl das Genre des Staranwalts begründet. Aber er war schon sehr lange nur noch eine Legende, seine Nachwirkung ist eher gering.

3Polens neue Regierung hat das Verfassungsgericht neu organisiert. Ein Staatsstreich?

Es gibt keine anerkannten Mindeststandards, was die Aufgaben und Befugnisse eines Verfassungsgerichts betrifft. Wenn man aber dessen Urteile ignoriert, die Zusammensetzung manipuliert und die Verfahrensregeln so ändert, dass es weitgehend lahmgelegt ist, dann wirkt das wie das Signal zum Übergang in einen autoritären Staat. INTERVIEW Daniel Bax

Christian Rath ist rechtspolitischer Korrespondent der taz und stellvertretendes Mitglied des Verfassungsgerichtshofs Baden-Württemberg