Friedloses Jahresendflüglerfest

Gefahren Krieg zwischen Jung und Alt. Krieg gegen die Homo-Ehe. Krieg im Nahen Osten und vielleicht bald hier. Und dann auch noch Star Wars

Fall des Schmetterlings von Winchester Foto: plainpicture

Junge gegen Alte

betr.: „Triumph der Alten“, taz vom 19./20. 12. 15

Da interpretiert ein wohl situierter alter Mann (68) Statistiken durch den Filter seiner Wahrnehmungen. Benutzt Zahlen vom Anfang und Ende der Tabellen, um zu passenden Schlussfolgerungen zu kommen. Vernachlässigt weitergehende Fragen nach dem „Wer macht da was in wessen Interesse?“ Fragen nach Machtverhältnissen und Machtstrukturen.

Herr d’Eramo und die ihn Zitierenden folgen damit einer lang geübten Tradition. „Krieg zwischen Alten und Jungen“ – wie alt ist das denn? Und vor allem, was lässt sich hinter dieser uralten und schon darum so eingängigen Phrase verstecken?

Wer macht denn heute die Politiken, die quer durch alle Altersklassen von Wahlberechtigten Beteiligung durch Wahlen als sinnloses Ritual erscheinen lassen? Beklagt das lauthals und will es nicht ändern?

Wer profitiert, wenn die unterschiedlichen Machtlosen gegen­ein­ander aufgebracht werden und sich in kraftraubenden und sinnlosen Konflikten miteinander verheizen? Junge gegen Alte, Zugewanderte gegen Einheimische, Arbeitslose gegen Erwerbstätige, Frauen gegen Männer, Süd gegen Nord und so weiter. Wer sind die lachenden Dritten dieser uralten Strategien von divide et impera? Wie absurd, die Lösung eines solchen Konstruktes von „Krieg“ in einer höheren Wahlbeteiligung der Jungen zu definieren.

Elke Schilling, SeniorInnenvertretung Berlin-Mitte

Gefahrvolle Flucht

betr.: „Die Flucht des Dolmetschers“, taz vom 10. 12. 15

Die Reportage hat mein ganzes Interesse geweckt. Ein ähnlicher Fluchtweg ist mir durch die Schilderung eines Afghanen bekannt, den ich bei seiner Integration und Ausbildung etwas betreue. Entführt und misshandelt musste er sich auf die gefahrvolle Flucht begeben, ohne im fernen Europa eine Adresse zu kennen, bei der er um Hilfe hätte bitten können.

Najib, wie in der Reportage genannt, war Dolmetscher der deutschen Soldaten in Afghanistan. Wegen dieser Tätigkeit wurde er anschließend von Islamisten mit dem Tod bedroht. Vorher hatten sie schon seinen Vater entführt und getötet. Deshalb entschied er sich, mit seiner Frau und der kleinen Tochter zu flüchten. Hier setzt meine Empörung ein: In diese Lage kam seine Familie, weil er in deutschem Interesse gearbeitet hatte. Nun fand er keine Hilfe über noch vorhandene deutsche Stellen im Lande oder deren Verbindungen nach Deutschland. Hätten diese nicht seine Familie unter Schutz stellen und eine gefahrlose Ausreise arrangieren müssen?

Dorothea Reither, Wolfenbüttel

Hanebüchene Kritik

betr.: „Infame Vulgärpsychologie“ (Leserbrief), „Das Sturmgeschütz der Israelkritik“, taz vom 14. 12. und 11. 12. 15

Der Leserbrief von Andreas Unger zu dem Artikel „Das Sturmgeschütz der Israelkritik“ bringt pointiert auf den Punkt, worum es in dem Artikel des Journalisten Pascal Beucker geht.

Jakob Augsteins „Israelkritik“ nimmt nämlich Formen an, die so unsinnig und verdreht wirken, dass es auf der Hand liegt zu fragen, wie es dem bekannten Journalisten nur so wichtig sein kann, bei nahezu jedem Thema beißende Kritik an der Politik des Staates Israel zu äußern.

Offensichtlich schließt sich Herr Unger lieber der hanebüchenen Argumentation Augsteins an, der einen Schulterschluss von Pegida und Juden thematisiert. Im Zuge dessen bezeichnet Unger die Regierung Israels als die „ rechteste mit teilweise rassistischen Tendenzen“ und stellt so unter Beweis, dass es ihm um einseitige Diffamierung geht.

Es sollte viel mehr Energie in Aufklärung investiert werden, damit zu solch plakativen Argumentationsstrategien zumindest öffentlichkeitswirksam fundierter Widerspruch erfolgt. In diesem Sinne hat Pascal Beucker zu Recht darauf hingewiesen, dass Augstein vor drei Jahren vom Simon Wiesenthal Center als Antisemit benannt wurde. Christiane vom Schloss,

Uetersen

Die Krake Weltkrieg

betr.: „Waffenlieferungen in den Nordirak“, taz vom 18. 12. 15

Siebzig Jahre Deutschland ohne Krieg? Das sind ja zwei Generationen! Da fangen ja die Waffenhändler an zu maulen! Die „Krake Weltkrieg“ wurde immer durch Beistandspakte gefüttert. Hat Frau von der Leyen vielleicht im Geschichtsunterricht gefehlt? Also: Auf in den Kampf nach Syrien, ist ja um die Ecke, junge Soldaten! Zurückkommen werden ein paar Leute weniger. Sie hatten die Ehre, sich vom Vaterland unter „die Mutter Erde“ bringen zu lassen.

Das schreibt eine 91-Jährige, die als 20-Jährige 1944 helfen musste, die durch Phosphorbomben auf Kindergröße zusammengeschmorten Leichen an einer U-Bahn-Station in Berlin zu bergen. Ich habe einfach Angst. Helga Keppler,Celle

Kontraproduktiv

betr.: „Allianz gegen Dschihadisten“, taz vom 16. 12. 15

Der Koalition, die sich da zusammengetan hat zum war on terror, kann wahrscheinlich kein Erfolg beschieden sein, denn die einzelnen Staaten verfolgen ihre je eigenen Ziele und Interessen; ganz davon abgesehen, dass neue Waffeneinsätze gegen die Terrormilizen nur wieder neuen Terror produzieren. Schon Putins Eingreifen war bisher kontraproduktiv, da er nicht den IS, sondern die Gegner Assads bekämpft hat, sodass noch mehr Städte bombardiert und mehr SyrerInnen in die Flucht getrieben wurden.

Die türkische Regierung hingegen lässt weiter Stellungen der kurdischen PKK bombardieren, also jener Kurden, die bisher mit Erfolg gegen den IS kämpften; während gerade die Türkei den IS jahrelang mit Rekruten und Waffen versorgte, sowie mit dem Ankauf von geschmuggeltem Öl die Kassen des IS auffüllte.

Und auch Saudi-Arabien und Katar wie auch der Iran unterstützen doch eher den IS, als dass sie ihn bekämpfen. Und die westlichen Mächte sind eher geneigt, um der „politischen Beständigkeit“ willen einen Kriegstreiber wie Assad an der Macht zu lassen, als sich darüber Gedanken zu machen, wie dem Land Syrien zu helfen ist. Schließlich wird es für die SyrerInnen nach den jahrelangen Gräueltaten Assads nicht vorstellbar sein, diesen Massenmörder weiter als Staatschef zu halten.

Die Vereinten Nationen konnten bisher der Klientelpolitik wenig entgegensetzen. Der Sicherheitsrat war durch die Diktatur weniger Mächte, die sich gegenseitig neutralisieren, nicht funktionsfähig, um für kollektive Sicherheit und Konfliktprävention zu sorgen. Daher wird wahrscheinlich auch ein von der UNO mandatierter Einsatz nicht zielführend sein.

Helga Schneider-Ludorff, Oberursel

Sehr traurig

betr.: „Slowenien: Nein zur Homo-Ehe“, taz vom 22. 12. 15

Nach dem jahrelang für mehr Toleranz plädiert wurde, ist es unbeschreiblich traurig, dass sich die Gegner der Homo-Ehe durchgesetzt haben. Hoffentlich kommt bald ein Gesinnungswandel der Menschen. Julia Engels,Elsdorf

Die Mädels fanden’s romantisch

betr.: „666: Eher kriecht ein Kamel durch ein Nadelöhr“, taz vom 21. 12. 15

Sehr geehrter Herr Ingo Arzt, schon meine Schülerinnen nannten mir ab circa 1988, wenn ich nach Weihnachtsliedern fragte, immer nur diesen Song von George Michael, „Last Christmas“. Fast alle anderen Weihnachtslieder waren ausgeblendet. Die Mädels fanden’s furchtbar romantisch. Deutsche Weihnachtslieder – Fehlanzeige. Es ist nicht besser geworden!

Die Zahl 666 in der Offenbarung des Johannes steht natürlich für einen weltlichen Tyrannen, dessen Namen nicht genannt werden darf, aber allen bekannt war. Da ging es dann doch eher um Mord und Totschlag, das wussten sehr wahrscheinlich auch schon Black Sabbath. Und da käme dann Georgy Boy doch etwas überhöht daher. Aber nun zum Reichtum und dem Kamel. Sehr schön, dass Sie „eher kriecht“ schreiben. Denn tatsächlich war das Nadelöhr die kleine Nebentür der ummauerten Städte, durch das nur Menschen und kleinere Gerätschaften transportiert werden konnten, wenn das große Tor am Abend geschlossen wurde. Wirklich unmöglich war es nicht für ein Kamel, da hindurchzukommen. Das heißt, Jesus räumte auch den Reichen trotz „Gottesferne“ eine kleine Chance ein. Dass wir heute immer noch Himmel und Engel und Hölle und Teufel ernsthaft bemühen, macht mich dann doch etwas traurig. Klaus-Peter Graßnick,Remseck

Große Verdrängungsleistung

betr.: „Hype um „Star Wars: Endlich wieder Gut und Böse“, taz.de v. 17. 12. 15

Nein, die Erde ist kein „glücklicher Planet“. Auch nicht zur (Vor-)Weihnachtszeit. Es gibt noch immer viel zu viele lebensbedrohliche Probleme hier und jetzt. Und wenn der Planet trotzdem momentan „kein wichtigeres Thema“ zu kennen scheint als ausgerechnet dieses aufwendig in Szene gesetzte Weltraummärchen, dann hat das höchstwahrscheinlich ziemlich viel damit zu tun.

Im weichen Kinosessel nämlich, überwältigt von 3-D-Effekten und eingehüllt in Dolby-Digital, können ziemlich viele Leute für in der Summe ziemlich viele Stunden die real existierenden Probleme dieser Welt verdrängen und wieder Kind sein. Der Umfang des Gewinns an den Kinokassen wächst also proportional zur Verdrängungsleistung der Möchtegern-8-Jährigen. Das ist zwar gut für Hollywood (Privatisierung des Vorteils), hat aber leider auch erhebliche Nebenwirkungen (Vergesellschaftung der Nachteile). Probleme haben schließlich die unangenehme Eigenschaft, sich nicht unbedingt von selbst zu beheben. Wenn also, sagen wir, 2.000.000.000 Menschen jeweils 3 Stunden im Märchenrausch verbringen, fehlen der Welt schlappe 6.000.000.000 Arbeitsstunden oder 750.000.000 (8-Stunden-)Arbeitstage oder rund 3.000.000 Erwachsenen-Jahre an ihrer Rettung.

Kein Wunder, dass unsere Zivilisation in Sachen Sozialkompetenz nicht vom Fleck zu kommen scheint. MOWGLIL, taz.de

Den Geist erfrischen

betr.: „Hype um „Star Wars: Endlich wieder Gut und Böse“, taz.de v. 17. 12. 15

Ich gebe zu, dass die Vermarktung aggressiv ist. Alles andere ist erstens Geschmackssacke, zweitens wird wohl hoffentlich niemand Unterhaltung verbieten wollen, bei allen Problemen, die nebenbei existieren. Wenn wir so weit gehen, müssten wir zudem die Kritik der „verlorenen Arbeitsstunden“ ebenso auf Musik, Spiel, Kunst et cetera übertragen. Wer maßt sich also an zu beurteilen, was sinnvolle Unterhaltung ist und was nicht?

Unterhaltung ist meiner Ansicht nach wichtig, um die Menschen im Geist zu erfrischen, ihnen die Erschöpfung zu nehmen. Niemand kann und möchte immerwährend an Problemen arbeiten. BUGGYBUGGA, taz.de