Press-Schlag
: Der FC Bayern, ein Klub für Frührentner

PEP GUARDIOLA Der Abgang des Spaniers ist eine Absage an die Bundesliga – nicht an den FC Bayern München

In der Welt des dauersiegenden Klubs von der Säbener Straße passiert eigentlich kaum etwas, das nicht vorhersehbar wäre. Die Auswärtsniederlage in Gladbach etwa – das war es aber dann auch schon in der Hinrunde. Kein Wunder also, dass man sich in solch einem spannungsarmen drögen Umfeld bereits seit einem halben Jahr lieber mit scheinbar ergebnisoffeneren Fragen beschäftigt: Verlängert der große Fußballlehrmeister Pep Guar­dio­la seinen Vertrag bei den Bayern oder nicht. Allein diese Ungewissheit konnte die FC-Bayern-Fangemeinde in Unruhe versetzen.

Aber wirklich unvorhersehbar war selbst der nun am Sonntag verkündete Abgang von Guardiola nicht. Seit Wochen deuten auch in dieser Angelegenheit alle Zeichen daraufhin, dass den Spanier nichts mehr in Deutschland hält. Spätestens auf der Mitgliederversammlung des Rekordmeisters hätte man bei einem positiven Bescheid des Trainers die frohe Botschaft weiterer Pep-Jahre wohl verkündet.

Die Münchner sollten sich dennoch nicht grämen. Hätte Vereinschef Rummenigge der Bundesliga die Solidarität aufgekündigt, um künftig mit seinem Klub in einer Europaliga zu spielen, Guardiola wäre gewiss gern geblieben. Denn sein Weggang ist in erster Linie eine Absage an die Bundesliga. Eine Absage an einen für den FC Bayern reizlosen Wettbewerb, in dem immer wieder mal die „härtesten“ Verfolger auf dem Platz gnadenlos vorgeführt werden und den der Verein selbst mit seiner B-Elf dominieren würde. So kulminieren die wenigen Spannungsmomente in einer Saison in der entscheidenden Phase der Champions League. Gerät da ein Matchplan daneben, dann hat man wieder ein weiteres Jahr verloren. Mit ­diesen undankbaren Final­si­tua­tio­nen musste sich Guar­dio­la die vergangenen Jahre immer wieder auseinandersetzen.

Für den FC Bayern ist dessen Abgang trotz der wohl bleibenden Dominanz schmerzlich. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge versuchte kürzlich zwar schon einmal dem Frust vorzubeugen und erklärte, dass ebenso wie Spieler auch Trainer kommen und gehen. Aber aus dem Mia-san-mia-Klub ist in den letzten drei Jahren ein Mia-san-Pep-Klub geworden. Die Verehrung für den Trainer nahm schon religiöse Züge an. Alles harrte in den vergangenen Wochen der Verkündigung von Guardiola, obwohl der Inhalt der Botschaft allen bereits bekannt war. Eine letzte große Pep-Inszenierung, die seinesgleichen suchte.

Der Stuttgarter Versuch, eben­falls am Sonntag etwas zu verkünden, was am Vortag schon jeder wusste, nahm sich dagegen recht niedlich aus. Dass Jürgen Kramny vom Interims- zum Cheftrainer des VfB befördert wurde, konnte die Guar­dio­la-Mania in Deutschland nicht wirklich mindern. Der Abschied des Coach vom FC Bayern wird bundesweit betrauert.

Einmal noch muss der 44-jährige Coach im Frühjahr seine Mannschaft gegen Darmstadt, Ingolstadt und Co. im Wettbewerbsrhythmus halten, um dann gegen Juventus Turin, den FC Barcelona oder andere europäische Spitzenteams zu bestehen. In der Premier League in England dagegen darf er sich auf harte Konkurrenz im Ligaalltag und gegebenenfalls auf mehr Anerkennung freuen.

Der FC Bayern und die Bundesliga ist nichts für einen vom Ehrgeiz getriebenen Mittvierziger, sondern eher ein Frührentnerjob, bei dem der Ruhepuls nur in Ausnahmefällen überschritten wird. Carlo Ancelotti, der im Sommer kommt, ist so gesehen eine gute Wahl. Er hat sich bereits in den besten Ligen Europas ausprobiert und mittlerweile eine Besonnenheit und Bierruhe, sich nur auf die großen Momente einzulassen. Das könnte zu München gut passen. Und Pep Guardiola schaut vielleicht in zwanzig Jahren noch einmal vorbei. Johannes Kopp