Politische Mimikry

Blockbildung Die Sozialdemokratie ist am Ende, vermutete am vergangenen Dienstag Ambros Waibel. In der Online-taz wurde das lebhaft diskutiert

Der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel nach seiner Wiederwahl Foto: dpa

Rechtsruck

betr.: „Helmut Kohls Traum“, taz.de vom 15. 12. 15

Das ist Ergebnis von Schröders „neuer Mitte“, des Schröder-Blair-Papiers. Das Ergebnis des europaweiten Rechtsrucks der Sozen. Und die logische Reaktion der Wähler. Wer braucht SPD und Co, wenn sich die Politik dieser Leute nicht von den Konservativen unterscheidet? Was es braucht, sind Sozialdemokraten, die diesen Namen verdienen.

KABOOM, taz.de

Stabile Koalition

betr.: „Helmut Kohls Traum“, taz.de vom 15. 12. 15

Die Sozialdemokratie ist die soziale Korrektur der CDU in der Großen Koalition. Von daher ist Deutschland in einer stabilen Koalition. Die Parteien links und rechts davon haben keine Chance. Die Flüchtlingsproblematik musste kommen in einer globalisierten Welt. Sie hätte schon früher kommen können. Die Menschen aus problematischen Staaten zieht es vor allem nach Westeuropa und in die USA, Staaten mit den lebendigsten Gesellschaftsmodellen.

GABRIEL RENOIR , taz.de

Alles oder nichts

betr.: „Helmut Kohls Traum“, taz.de vom 15. 12. 15

Wer braucht schon Sozialdemokraten? Der Reformismus war schon immer die falsche Ideologie.

Entweder alles oder nichts. Das kann nur die vollständige Sozialisierung der Gesellschaft bedeuten. Kompromisse mit dem Kapital führen früher oder später immer zur Vorherrschaft des Kapitals. Deswegen ist die vollständige Machtübernahme des Proletariats der einzige Weg zu einer friedlichen und gerechten Gesellschaft. Alles andere ist eben Reformismus. Und der hat in der Geschichte noch nie funktioniert. Reformistische Parteien scheitern über kurz oder lang immer

RUDOLF DITZEN , taz.de

Armutszeugnis

betr.: „Helmut Kohls Traum“, taz.de vom 15. 12. 15

Ein noch deftigeres politisches Armutszeugnis als Wähler, die lieber zu den rechten Rattenfängern abdriften, als weiterhin das „kleinere Übel“ zu wählen, kann sich die So­zial­demokratie nicht ausstellen. Das war 1933 übrigens auch nicht anders als jetzt.

Als Ironie der Geschichte weiß das vermeintliche Mutterland des Neoliberalismus, die USA, im Gegensatz zu Europa um den Wert des gesellschaftlichen Zusammenhaltes, die Binnenkaufkraft und sinnvolle Konjunkturmaßnahmen, die bis unten durchsickern, statt nur öffentliche Gelder einmal mehr in die eh schon gefüllten privaten Taschen wandern zu lassen.

KHALED CHAABOUTE, taz.de

Widerlich!

betr.: „Helmut Kohls Traum“, taz.de vom 15. 12. 15

„... wobei die Sahne der Gebildeten und Fotogenen (Frauen und Kinder) regelmäßig abgeschöpft und turbointegriert wird ...“

Es muss mal klar gesagt werden: Es ist Sozialdarwinismus, was Europa heute treibt. Nur die Starken und Wohlhabenden können es bis zu uns schaffen. Wer kein Geld hat oder keine Kraft, kann keine Hilfe erwarten! Widerlich!

DHIMITRY, taz.de

Heimaturlaub

betr.: „Helmut Kohls Traum“, taz.de vom 15. 12. 15

Es ist der Souverän im Ausnahmezustand, der nun regiert; an der Front kämpfen die Armeen der neoliberalen Gouvernementalität, die großen Erzählungen der Moderne – Aufklärung, Demokratie, Gerechtigkeit – aber sind im Heimaturlaub, wer diese noch einfordert, gilt fast schon als gefährlicher Verräter.

Im Krankenhaus, das man durchaus als Brennglas der Gesellschaft betrachten kann, hat dieser Prozess vor mehr als zwei Jahrzehnten begonnen: mit der Pflegepersonalregelung und dem Gesundheitsstrukturgesetz des Herrn Seehofer, welche in das Fallpauschalensystem mündeten. Zwei Zahlen: Verhältnis Ärzte/Pflegende 1995 1:3,3, 2012 1:2,1, somit hat die Pflege die Umwandlung des Krankenhauses von Manufaktur in Richtung Fordismus gegenfinanziert durch Personalabbau. Und diesen Abbau kann man überall beobachten. Und die Demokratie hat sich delegitimiert durch ihre Vertreter, die Legalität mit Legitimität verwechselten. Bei den Römern nannte man das potestas und auctoritas. Der Unterschied eben zwischen Potentaten und Autoritäten.

HIGONEFIVE, taz.de

Tragisch

betr.: „Helmut Kohls Traum“, taz.de vom 15. 12. 15

Irgendwie tragisch, dass auch die taz sich in das allgemeine „Altparteien“-Bashing einreiht, von der „Einheitspartei“ schwa­dro­niert und damit die parlamentarische Demokratie delegitimiert und zum „Abschuss“ freigibt. Ein bisschen mehr Differenzierungsvermögen als der Dresdener Montagsgesellschaft hatte ich mir eigentlich doch erhofft. Oder merkt in der Redaktion niemand, auf wessen Mühlen man mit solchen schnell dahergesagten, griffigen Formeln das Wasser leitet?

RUNTERKOMMER, taz.de

Beschädigt

betr.: „Helmut Kohls Traum“, taz.de vom 15. 12. 15

Solche Figuren wie Blair oder Schröder haben die Sozialdemokratie nachhaltig beschädigt. Nicht nur programmatisch, sondern auch mit ihrem geschäftstüchtigen Verhalten. Die Sozialisten Frankreichs werden immer mehr als politische Mimikry gesehen, wobei ich nicht sagen kann, inwiefern ihr Versagen „äußeren Umständen“ geschuldet ist.

Mit Steinmeier, Müntefering, Steinbrück und Gabriel ist die SPD in den letzten zehn Jahren reihenweise in die Hände von Heuchlern gefallen, was die Juso-Vorsitzende klar erkannt und ausgesprochen hat.

JAROSLAW MAJCHRZYK, taz.de

Ominöse Mitte

betr.: „Helmut Kohls Traum“, taz.de vom 15. 12. 15

Die SPD hat ein gravierendes Vertrauensproblem. Sie ist nicht mehr „die Partei des kleinen Mannes“, sondern versucht die ominöse Mitte zu besetzen. Dabei landet sie oft genug rechts neben der von Merkel weit nach links geschobenen CDU. Die Agendapolitik Schröders, radikaler, als es sich die CDU getraut hätte, hängt wie ein Bleiklotz an der SPD. Weil sie immer noch nicht bereit ist, Fehler der Agenda 2010 einzugestehen. Oder auch, weil Gabriel ein Demagoge und Populist ist, einer, dem man sein Wort nicht abnimmt. Der öffentlich Saudi-Arabien kritisiert, aber im stillen Kämmerlein Waffenlieferungen an jene Terrorunterstützer genehmigt.

THOMAS EBERT, taz.de

Sozial-Liberalismus

betr.: „Helmut Kohls Traum“, taz.de vom 15. 12. 15

Das Ende der Pseudo-Sozialdemokratie verschafft dem aufrichtigen Sozial-Liberalismus eine Chance.

DEUTSCH-POLE, taz.de