Disharmonisierung
: Patente für Stammzellen

Die Kritik an der EU-Richtlinie zur Patentierung von biologischen Erfindungen reißt nicht ab. Die europäische Biotechindustrie, die mit in einer beispiellosen Lobbykampagne Kommission und Parlament bearbeitet hatte, um die Richtlinie in ihrem Sinne zu gestalten, ist jetzt unzufrieden. Die Richtlinie habe zu einem Auseinanderdriften der nationalen Gesetze geführt, kritisiert der europäischen Zusammenschluss der Bioindustrie EuropaBio. Dabei war die Harmonisierung der nationalen Biopatentgesetze eines der Hauptargumente, mit der die EU-Kommission die Richtlinie gegen Kritiker verteidigte. Zwar haben noch nicht alle EU-Mitgliedstaaten die Richtlinie umgesetzt, doch jetzt schon ist klar: Aus der Harmonisierung ist nichts geworden. So scherten Deutschland und Frankreich bei der Frage aus, ob menschliche Gene patentiert werden dürfen. Im Unterschied zu den anderen EU-Mitgliedsstaaten verweigerten beide Länder in ihren Patentgesetzen für diese Substanzen die volle Patentierbarkeit. Die Kommission wird vorerst nicht dagegen angehen. Kritik musste sich die Kommission in dieser Woche auch vom EU-Parlament anhören. Die Kommission selbst lege das Regelwerk in einer Weise aus, für die es keine rechtliche Grundlage gebe, kritisiert die Grüne Europaabgeordnete Hiltrud Breyer. So will die Kommission, dass auch embryonale Stammzelllinien patentiert werden dürfen. Obwohl in der Richtlinie alle Verfahren, bei denen Embryonen zerstört werden, von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sind.

WOLFGANG LÖHR