Traurige Woche

Der Holtzbrinck-Verlag verteidigt in München und Berlin den Verkauf seiner „Berliner Zeitung“ an Montgomery

Am Donnerstagvormittag traten fast parallel zwei Vertreter von der Georg-von-Holtzbrinck-Verlagsgruppe vor Kollegen, um den Verkauf der Berliner Zeitung an die amerikanische Investorengruppe VSS und die britische Mecom-Gruppe unter Leitung von David Montgomery zu verteidigen. In Berlin besuchte Verlagschef Stefan von Holtzbrinck die Belegschaft des Tagesspiegels, der Zeitung, die trotz deutlich schlechterer Wirtschaftslage im Besitz der Stuttgarter Verlagsgruppe bleiben wird.

Mit einiger Erleichterung – die schlechte Presse der letzten Wochen scheint Stuttgart komplett überrascht zu haben – konnte von Holtzbrinck das Ende des drei Jahre andauernden Hin und Her zwischen Kartellamt, Ministererlaubnis und Verkauf an den verlagsnahen Manager Gerckens verkünden. Die Stimmung war gut, hieß es anschließend aus der Belegschaft, weil nun endlich Klarheit herrscht – wohl vor allem über das eigene Schicksal.

Auf den Medientagen München zeigte sich der stellvertretende Geschäftsführer Michael Grabner hingegen mäßig betroffen: „Eine traurige Woche“ gehe gerade zu Ende“ – traurig, nicht weil die Berliner Zeitung verkauft ist, sondern weil Holtzbrincks Pläne, mit dem gemeinsamen Besitz von Tagesspiegel und Berliner Zeitung ein mehr als festes Standbein im umkämpften Berliner Zeitungsmarkt zu setzen, endgültig gescheitert sind. Dem Engagement von David Montgomery konnte Grabner nichts Schlechtes abgewinnen – auch wenn er ihn als in den letzten Jahren vom Journalisten zum Investor „mutiert“ bezeichnete. Die Investition, die er nun tätige, sei die größte auf dem deutschen Printmarkt der letzten Jahre. Dafür bekam Grabner Unterstützung vom Podium des Printgipfels. Von Dirk Ippen vom Münchner Merkur bis zu Helge-Jörg Volkenand vom Burda-Verlag mahnte man an, ausländischen Investoren nicht so feindlich gegenüber aufzutreten – mit einiger wirtschaftsliberaler Indifferenz, aber auch dem berechtigten Hinweis auf das Engagement diverser deutscher Verlage in Osteuropa und anderswo.

Britisches Begehren

Sogar Süddeutsche-Zeitung-Chefredakteur Hans Werner Kilz gab sich gelassen. Er äußerte zwar Respekt für seinen Kollegen Uwe Vorkötter von der Berliner Zeitung, der sich in offenen Briefen an die Leser gegen die Begehrlichkeiten von Montgomery und Co. wandte. Allerdings befand Kilz auch, dass Zeitungen normale Wirtschaftsgüter seien wie andere auch – womit er sich indirekt gegen seinen Chef-Enthüllungsjournalisten Hans Leyendecker stellte, der in zahlreichen Artikeln auf den besonderen, eben nicht ausschließlich warenförmigen Charakter von Zeitungen pochte.

Aber es ging auch direkt gegen Leyendecker. Seitdem er zusammen mit Kollegen vom Journalistenverband Netzwerk Recherche sowie rund 140 Prominenten einen Aufruf gegen den Verkauf der Berliner Zeitung schaltete (siehe taz vom Dienstag), darf er nach Angaben von Kilz „keine Zeile mehr dazu schreiben“.HANNAH PILARCZYK, MÜNCHEN