LeserInnenbriefe
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Heute will ich mit spalten

betr.: „Pillepalle mit Sinn“, taz vom 9. 12. 15

Peter Köhler will in seiner Sprachkolumne Haare spalten. Das macht immer Laune, aber heute will ich mit spalten. Leider folgt Köhler in seiner Ablehnung des Ausdrucks „Sinn machen“ den unvermeidlichen ,Sprachexperten’ wie Bastian Sick („Zwiebelfisch“) ins sprachwissenschaftliche Unterholz. Die wackelige Argumentation, dass niemals Dinge, sondern nur der Mensch Sinn machen beziehungsweise erschaffen könne, blendet den metaphorischen Charakter einer Sprache völlig aus, und die Sprachpfleger müssten dann konsequenterweise auch an Redewendungen wie „ein Beispiel macht Schule“ Anstoß nehmen, weil ein Beispiel nun mal kein Schulgebäude baut. Und früher, als alles besser war? Da mag der zitierte Goethe das mit dem Sinn vielleicht „richtig“ verstanden haben, aber was ist dann mit seinem Zeitgenossen Lessing, in dessen Briefen Dinge ganz selbstverständlich „Sinn machen“ konnten? Konnte der kein Deutsch? MICHAEL SCHÖFFSKI, Köln

Den Menschen zuliebe

betr.: „29 Seiten, 48 Stunden“, taz vom 10. 12. 15

Immer daran denken: Es ist die wichtigste Mission: Die Umwelt retten! Es gibt keine Option! Hoffentlich gelingt diese Mission mit dem Klimagipfel in Paris. Den Menschen zuliebe.

JULIA ENGELS, Elsdorf

Sozialromantik

betr.: „Front Deutschland“, taz vom 9. 12. 15

Oftmals teile ich die Meinung von Ulrike Herrmann, manches habe ich daraus gelernt. Aber diesmal? „Die Franzosen verhielten sich fair, sie ließen ihre Gehälter mit dem technischen Fortschritt steigen.“ Wie ungemein nobel und altruistisch: Lohnsteigerungen zu einem guten Zweck, zum Wohle Europas. Die Deutschen hingegen: hinterhältig und gemein, verzichteten listigerweise auf höhere Löhne, um sich „Wettbewerbsvorteile zu erschleichen“. So einfach geht Wirtschaft also. Ist das nicht einer Wirtschaftsexpertin unwürdig? Im Übrigen: Solange kapitalistisches, wachstumsorientiertes Wirtschaften – leider – weltweit von einer Mehrheit der Wähler gewollt wird, ist es müßig, über diejenigen zu lamentieren, die das Geschäft am besten beherrschen. Das ist Sozialromantik. WOLFGANG RAPP

Aus denselben Eliteschulen

betr.: „Front Deutschland“, taz vom 9. 12. 15

Warum die französische Wirtschaft keine Arbeitsplätze schafft? Darüber gibt es Bibliotheken voller Bücher mit vermeintlichen Erklärungen. Es spielt gewiss mit, dass in Frankreich unternehmerischer Gewinn gleich hinter Pädophilie und Steuerhinterziehung kommt, zumindest was die Medienkommentare angeht. Firmen sind nicht da, um Geld zu verdienen, sondern um Arbeitsplätze zu schaffen.

Ein Grund für den Erfolg der FN ist die Unfähigkeit der bisher und immer noch herrschenden politischen Klasse, sich zu erneuern, und die Tatsache, dass die meisten Spitzenpolitiker aller etablierten Parteien aus denselben Eliteschulen kommen. Das macht es Frau Le Pen leicht, diese Insider „Clique“ zu verteufeln. Ein weiterer Grund ist das Wahlsystem, welches einer Partei, die nun über 30 Prozent der Stimmen liegt, keinen Zugang zu Regierungsverantwortung erlaubt. So kann sie die Illusion der Alternative ihrer in jeder Hinsicht unfähigen und dummen Politik aufrechterhalten und sich als die vom Establishment verteufelte Underdogpartei verkaufen. Zu allem Überfluss muss man dann leider noch feststellen, dass M. Le Pen intelligent ist und vor allem das Medienspiel beherrscht. Es bleibt „Gott sei Dank“ wahr, dass die Franzosen mehrheitlich keine Faschisten sind, aber es ist auch wahr, dass der wahrscheinliche nächste Präsident Sarkozy heißt, und gegen den ist Seehofer ein Linksliberaler.

KNUD KUSCHE, Tiefenberg