Taliban demonstrieren militärische Stärke

Afghanistan Bei dem 27-stündigen Gefecht um den Flughafen Kandahar sterben mehr als 60 Menschen

KANDAHAR dpa | Bei einem Sturm der Taliban auf den Flughafen der südafghanischen Stadt Kandahar und 27-stündigen Gefechten sind mindestens 61 Menschen getötet worden. Bei den Toten handele es sich um 38 Zivilisten, 12 Angehörige der Sicherheitskräfte und die 11 Angreifer, teilte das Verteidigungsministerium in Kabul mit. Weitere 35 Menschen seien verletzt worden. Die schweren Kämpfe am zweitgrößten Flughafen des Landes dauerten bis in die Nacht zum Donnerstag.

Auf dem Flughafen stationierte Soldaten berichteten, auch Frauen und Kinder seien unter den getöteten Zivilisten. Die Kämpfe ereigneten sich vor allem in einem Wohnareal für Angehörige der afghanischen Streitkräfte und deren Familien auf dem Flughafengelände. Wie die Angreifer eindrangen, soll nun eine Untersuchungskommission klären.

Der Angriff, der am Dienstagabend begann, überschattet auch einen geplanten neuen Anlauf der afghanischen und pa­kis­tanischen Regierung für Friedensgespräche mit den Taliban. Der afghanische Präsident Aschraf Ghani hatte am Mittwoch bei einer Konferenz in Islamabad mit Vertretern der USA, Chinas und Pakistans darüber beraten, wie die Extremisten an den Verhandlungstisch gebracht werden könnten. In Pakistan hieß es, es sei fraglich, ob die Taliban zu Gesprächen bereit seien.

Der Extaliban und Analyst Wahid Muzhda sagte, er glaube, dass die Taliban mit dem ­öffentlichkeitswirksamen Anschlag vor der Konferenz eine Botschaft senden wollten. „Sie sagen: „Man wird uns nicht in den Frieden zwingen. Und ganz sicher kommen wir nicht unter dem Druck anderer Länder an den Verhandlungstisch.“

Neue Gefechte drohen in der Provinz Helmand, die an Kan­dahar grenzt. Dort hatten Taliban am Mittwoch den Distrikt Khanischim unter ihre Kontrolle gebracht. Spezialkräfte seien auf dem Weg, um ihn zurückzuerobern, sagte ein Polizeisprecher.