Aus Gülle lässt sich Geld machen

Die weltgrößte Biogasanlage geht in Anklam in Betrieb. Strom und Wärme für tausende Haushalte. Als Folge des Erneuerbare-Energien-Gesetzes entwickeln sich nach Windkraftwerken jetzt auch Biogasanlagen zum attraktiven Investmentgeschäft

AUS ANKLAM NICK REIMER

Nachwachsende Megawatt: In Vorpommern ist die weltgrößte Biogasanlage in Betrieb gegangen. 5.500 Haushalte können ab sofort „nachwachsend“ mit Strom und Wärme versorgt werden. Und nicht nur das. Die Schweinebauern der Region haben auch ein Problem weniger zu bewältigen: die Gülleentsorgung. Die Regensburger Investmentfirma In-Trust investierte in Anklam 11 Millionen Euro.

Das Prinzip des Biogas-Kraftwerkes funktioniert im Prinzip wie ein Tiermagen. Nur dass der „Tiermagen“ hier ein großer Tiegel ist, der so genannte Fermenter. Der ist 6 Meter hoch, hat einen Durchmesser von 23 Metern und fasst 27.000 Kubikmeter. Vorn kommen Schweinegülle und Mais rein, hinten Methan und Kohlendioxid heraus. Bei körperähnlichen Temperaturen von 36 Grad Celsius erledigen anaerobe Bakterien die „Arbeit“ – der Gärvorgang erzeugt Biogas. „Und dieses Biogas verbrennt das angeschlossene Blockkraftwerk zu Strom“, erklärt Betriebsleiter Dieter Schünemann.

Das Prinzip ist seit 80 Jahren bekannt. Es technologisch nutzbar zu machen ermöglichte aber erst das Erneuerbare-Energie-Gesetz: Das regelt eine garantierte Abnahme und die Höhe der Einspeisung – bis zu 17,5 Cent je Kilowattstunde für die nächsten 20 Jahre. Kritiker bemängeln, dass Strom aus Biogasanlagen immer noch viel zu teuer ist. Befürworter argumentieren mit Markteinführung: Eben weil das Prinzip erst jetzt technologisch genutzt wird, kann man auch erst jetzt technologische Erfahrungen in Effizienz umsetzen – und billiger werden.

Fünf solcher Fermenter stehen vor den Toren der vorpommerschen Provinzstadt Anklam. Die Leistung jedes angeschlossenen Kraftwerkes liegt bei 523 Kilowatt. „Im Prinzip stehen hier zwei große Windräder“, sagt Thomas Kinitz, der Investor aus Bayern. Gutes Stichwort: In-Trust, die Finanzfirma von Kinitz, hat früher Windparks finanziert.

Jetzt garantiert In-Trust etwa bayrischen Zahnärzten für eine 100-Euro-Anleihe binnen 20 Jahren 500 Euro retour. Entsprechend gefragt ist das Geschäft: Drei weitere Anlagen sind gegenwärtig geplant, die größte mit einer Leistung von 10 Megawatt. Und ausschließlich auf neuem Bundesgebiet: „Nur hier gibt es die großen Flächen, die für den Maisanbau benötigt werden“, sagt Kinitz.

20.000 Tonnen Gülle und 40.000 Tonnen Maissilage benötigt die Anklamer 2,5-Megawatt-Anlage jährlich. Was wiederum unter den Naturschützern Skepsis weckt: Die riesigen Anbauflächen benötigen auch riesige Mengen synthetischen Stickstoffdüngers. Betriebsleiter Schünemann kann das aber ganz leicht kontern: „Das feste Endprodukt der Gärung ist selbst ein hervorragender Dünger.“