Wut über Feldzug

Flüchtlinge Politiker und Bürger diskutieren Unterbringung auf dem Tempelhofer Feld

25 Millionen Euro schuldet das Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) den Betreibern von Flüchtlingsunterkünften. Das sagte Lageso-Chef Franz Allert bereits am Sonntag in der RBB-„Abendschau“.

Bei einzelnen Betreibern handelt es sich um Summen von bis zu 2 Millionen Euro, die sie in Vorleistung erbringen müssen. Viele wollen deshalb ungern neue Unterkünfte übernehmen.

Das Lageso erklärt die Außenstände mit Personalmangel. (taz)

Der Titel der Veranstaltung am Montagabend im Heimathafen in Neukölln drückte Misstrauen aus: „Was plant der Senat wirklich auf dem Tempelhofer Feld“, hieß es in der Einladung der Initiative 100% Tempelhofer Feld. Rund 400 Bürger waren gekommen, um mit Abgeordneten, dem Sprecher des Berliner Flüchtlingsrats und Mitgliedern der Initiative über den Senatsentwurf zum Bau von Flüchtlingsunterkünften auf dem Tempelhofer Feld zu diskutieren.

Vor zwei Wochen hatte der Senat einen Gesetzentwurf beschlossen, dem zufolge Flüchtlinge künftig auch auf dem Tempelhofer Feld untergebracht werden sollen dürfen. Sollte die Mehrheit der Abgeordneten ihm Mitte Januar zustimmen, würde das bedeuten, dass das Tempelhof-Gesetz, das jegliche Bebauung des ehemaligen Flughafengeländes verbietet, teilweise rückgängig gemacht werden würde. Feldbebauungsgegner fürchten nun, der Senat wolle sich durch die Hintertür eine dauerhafte Baugenehmigung sichern. Viele der Anwesenden waren deshalb wütend. „Respektlos gegenüber dem Volkswillen“ sei das Senatsvorhaben, sagte eine junge Frau.

Daniel Buchholz, als SPD-Abgeordneter einziger Vertreter einer Regierungspartei an diesem Abend, versuchte die Wogen zu glätten. „Kein Gesetzentwurf wird am Ende so beschlossen, wie er eingereicht wurde“, betonte er. Den Vorschlag der Initiative, statt der Grünfläche nur das betonierte Vorfeld zu nutzen, fand er „sehr positiv“, da es ohne größeren Aufwand etwa mit einem Wasseranschluss versorgt werden könnte. Linken-Abgeordnete Katrin Lompscher forderte hingegen, den Entwurf gleich gänzlich zurückzuziehen. Der sei nämlich nicht nur in Bezug auf den Volksentscheid bedenklich, sondern auch weil er weitere Massenunterkünfte vorsieht. Derzeit leben in den Hangars des ehemaligen Flughafengebäudes 2.500 Flüchtlinge.

Das sah Georg Classen, Sprecher des Flüchtlingsrats, ähnlich. Er bezeichnete die Hangars als „das mit Abstand Übelste, was ich jemals gesehen habe“, und forderte die Regierung auf, endlich mehr Privatwohnungen und leer stehende Gebäude bereitzustellen. Den Einwand Buchholz’, das sei auf dem angespannten Berliner Wohnungsmarkt nicht möglich, konterte Classen: „Wir wissen ja, dass Wohnungen knapp sind, aber dann fangen Sie halt mal an, welche zu bauen!“ H. Wagner