: Zu schwach für die Superliga
FUSSBALL Nach dem 1:2 gegen Borussia Dortmund ist Wolfsburg nicht mehr die Nummer 3 des Landes. Dortmund drehte das Ergebnis in letzter Minute und zeigte sich als perfekte Press- und Passmaschine
Ein Fußballspiel kann eine eigensinnige Logik haben, die sich allen Rationalisierungs- und Gerechtigkeitsanalysen entzieht. Aber am Ende leuchtet auf der Anzeigentafel ein Ergebnis auf, und demnach hat der VfL Wolfsburg am Samstagabend 1:2 gegen Borussia Dortmund verloren. Womit eben doch alles klar ist: Der BVB hat die Wölfe bis auf Weiteres endgültig als Nummer 2 in Deutschland abgelöst.
Es war wirklich ein spektakuläres Bundesligaspiel, taktisch und emotional hochwertig. Erst spielte der BVB als perfekte Press- und Passmaschine den VfL 35 Minuten lang an die Wand. Dann korrigierte VfL-Trainer Dieter Hecking seine Ausrichtung, bekam die Räume und die Schnittstellenspieler des BVB in den Griff und damit auch die zweite Halbzeit.
Doch es passt zur spektakulären Dortmunder Vorrunde, wie sie dieses Spiel noch zurückdrehten: „Kurios“, nannte es der Dortmunder Trainer Thomas Tuchel, dass sein Team in der Nachspielzeit (90+1) auswärts durch Rodriquez’Strafstoß den Ausgleich schlucken musste, und dann die mentale Verfassung hatte, den Ball zu nehmen, sich durchzukombinieren und das Ding durch Kagawas 2:1 (90+3) doch noch zu gewinnen.
Kein Dortmunder wollte danach auf die reflexartigen Medienlockungen hereinfallen, nun über das „Jagen“ des FC Bayern zu schwadronieren. Aber es ist tabellarisch nicht zu übersehen, dass Champions-League-Teilnehmer wie Mönchengladbach und Wolfsburg maximal noch um Platz drei spielen. Darüber ist die Superliga (BVB) und darüber die Supersuperliga (FC Bayern).
Das trifft die Wolfsburger hart, die in der Vorsaison Vizemeister und Pokalsieger waren und im Rahmen ihres offizielles Zieles „Top Drei“ gern den Abstand nach oben verkürzt hätten.
VfL-Geschäftsführer Klaus Allofs referierte nach Spielende, dass es „trotzdem nach vorn geht“. Das ist die verständliche Weigerung, den beträchtlichen Entwicklungsprozess seit 2013 gegen die Logik des Augenblicks einzutauschen. Aber je mehr ihn etwas wurmt, desto öfter zuckt Allofs bei der Schadensbehebungskommunikation mit den Schultern. Diesmal hatte er ein hohes Zuckintervall. Weil der VfL eben eine Spitzenmannschaft sein solle und wolle. Und sich dieses Mal in den entscheidenden Momenten nicht so angestellt hatte.
Man schenkte Dortmund das 0:1 durch Reus (34.) im Aufbauspiel und schenkte einen späten Punkt weg, indem man solange halb interessiert neben dem Ball herlief, bis Kagawa einschoss. Und dann ist es so, dass Wolfsburg den Abgang des Kreativspielers Kevin De Bruyne bisher durch keinen der Hochpreiszukäufe Draxler, Kruse und Schürrle kompensieren kann.
Normalerweise ist ein Punkt nicht die Welt, aber am Dienstag braucht der VfL im entscheidenden Champions-League-Gruppenspiel gegen Manchester United ein Remis. Nun müssen die Wölfe in dieses Spiel des Jahres mit der Erfahrung gehen, nicht gut genug gewesen zu sein, so einen Punkt in der Nachspielzeit zu verteidigen. Peter Unfried
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