Urteil gegen IS-Rückkehrer

PROZESS-Ende

Ob sie ehrlich sind, wird man wohl nie erfahren. Auch nicht, ob die beiden Wolfsburger ­Ayoub B. und Ebrahim H. B. tatsächlich nur zum friedlichen Koranstudium zum „Islamischen Staat“ (IS) nach Nahost reisten. Denn man hat nur die Aussagen der beiden Deutsch-Tunesier, die 2014 einige Monate in Syrien und Irak verbrachten und sich seit ihrer Heimkehr vorm Oberlandesgericht Celle verantworten müssen.

Angeklagt sind sie wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und der Vorbereitung schwerer staatsgefährdender Straftaten. Seit Prozessbeginn haben die beiden Männer sich allerdings immer wieder vom IS distanziert. Und Aussagen von IS-Opfern, die das Gegenteil hätten bezeugen können, gab es in Celle nicht.

Folglich kann das Gericht, dessen Urteil am Montag fallen soll, schwer ermessen, ob die beiden Angeklagten die Terrormethoden des IS vor ihrer Abreise wirklich nicht kannten und ob man sie tatsächlich unter Gewaltandrohung vor die Wahl stellte, Kämpfer oder Selbstmordattentäter zu werden.

Ayoub B. und Ebrahim H. B. behaupten das. Danach seien sie so ernüchtert gewesen, dass sie sofort an Flucht dachten, die bald gelang. Zuvor allerdings hatte Ebrahim H. B. ein Selbstmordattentat in Bagdad mit vorbereitet, während Ayoub B. als Sanitäter an einem IS-Kampfeinsatz teilnahm, bei dem es 28 Tote gegeben haben soll. ­Ayoub B. sagte, er habe nur mitgetan, um sich nicht verdächtig zu machen. Die Bundesanwaltschaft sah das anders und forderte, Ayoub B.s Anklage auf Beihilfe zum Mord auszudehnen.

Dem folgten die Celler Richter nicht. Sie hielten die Läuterung der beiden für glaubwürdig, sodass Ayoub B. und Ebrahim H. B. auf milde Urteile hoffen. Doch die Spanne ist weit: Die Anklage forderte vier Jahre und drei Monat Haft für Ebrahim H. B. sowie sieben Jahre für Ayoub B. Die Anwälte wollen Freispruch für ­Ayoub B. und zwei Jahre auf Bewährung für Ebrahim H. B.

Ganz konnten allerdings auch die Anwälte den Radikalisierungsvorwurf nicht ausräumen: Ebrahim H. B. werde „den Irrweg der radikalen Islamisten nicht erneut beschreiten“, sagte sein Anwalt. Er sei nicht mehr gefährlich; überdies hätten beide umfassend über die Radikalisierungsstrategien des IS berichtet.

Zudem sind sie nicht die einzigen ambivalenten Akteure, denn zwei wichtige Details blieben ungeklärt: ob der Anwerber der beiden Angeklagten – der Salafist Yassin O., auf den Eltern und Moscheevorstand früh hinwiesen – ein V-Mann ist und was der Verfassungsschutz über ihn wusste. Zu diesen Fragen durfte sich der Ermittlungsleiter des Landeskriminalamts im Prozess nicht äußern. PS