Chefarzt fliegt raus

Betrugsverdacht Der Chefarzt des Klinikums Leer soll gegen Provisionen medizinische Produkte bestimmter Hersteller bevorzugt haben

Er ist erst mal raus: Am Montag entließ das Klinikum Leer den Leiter der Wirbelsäulenchirurgie, Dr. Hamid A.-M. Dem Neurochirurgen wird Bestechlichkeit im Amt vorgeworfen. Bereits in der vergangenen Woche war der Vorwurf bekannt geworden, der Chefarzt soll vom britischen Bandscheiben-Prothesen-Hersteller „Ranier“ verdeckte Provisionen dafür erhalten haben, dass er ihre Implantate in seiner Abteilung verwendete. Tatsächlich ist die ostfriesische Klinik nach Recherchen der AOK bundesweit das einzige Krankenhaus, das die künstlichen Bandscheiben von Ranier verwendet.

„Wir ermitteln gegen den Tatverdächtigen wegen des Verdachts der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr“, bestätigt die Auricher Oberstaatsanwältin Katja Paulke und verrät, dass es sich dabei aber „nicht um den Komplex Ranier“ handele. Im Klartext: Dem Mediziner wird vorgeworfen, auch bei anderen Firmen, „ohne Wissen seines Arbeitgebers Provisionen vereinbart und kassiert“ zu haben, so Staatsanwältin Paulke. Vergangenen Freitag ließen die Ermittler die Privat- und auch die Geschäftsräume des Beschuldigten durchsuchen. Sie stellten dabei umfangreiche Unterlagen und Dateien sicher, die nun ausgewertet werden.

Auch die Klinikleitung bestätigt, dass die Vorwürfe weit über das Bekannte hinausgehen. So seien bei „einer klinikinternen Abklärung des Sachverhaltes (...) verschiedene Sachverhalte aufgedeckt worden, die nur zu einem Teil die Firma Ranier betreffen, überwiegend“ aber „andere Tatbestände“. In Folge stellte die Klinik erst Strafanzeige gegen ihren Bediensteten und feuerte ihn anschließend fristlos.

Neben den Ermittlungen wegen Bestechlichkeit hat die Auricher Staatsanwaltschaft außerdem bereits Vorermittlungen wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Körperverletzung eingeleitet. 48 der 104 von dem Mediziner implantierten Ranier-Prothesen waren schadhaft, verformten sich nach ihrer Einsetzung und verursachten bei den Patienten zum Teil starke Schmerzen. 20 der 48 betroffenen Patienten mussten bereits nachoperiert werden, andere müssen erst in den kommenden Wochen erneut unters Messer. Marco Carini