Die Pferdesteuer missfällt, wer hätte es gedacht, vor allem den Pferdehaltern. Im Grunde bin auch ich gegen die Steuer auf ein Tier. Aber dann gegen die Steuer auf jedes Tier
: Frau Schmidt muss zahlen, Dr. Ritter nicht

Foto: Lou Probsthayn

Fremd und befremdlich

KATRIN SEDDIG

Eine Gemeinde in Niedersachsen, die Gemeinde Sehnde in der Region Hannover, überlegt, eine Pferdesteuer einzuführen und es gibt natürlich Protest. Den Protest gibt es schon länger. Immer mal wieder hat eine Gemeinde das mit der Pferdesteuer überlegt. In Hessen gibt es mehrere Gemeinden, die auf das Halten eines Pferdes eine Steuer erheben. Die Gemeinde Sehnde wäre die erste niedersächsische Gemeinde, in der vielleicht auch eine Pferdesteuer erhoben wird.

Die Begründung für eine solche Steuer ist einfach, die Gemeinde braucht Geld. Das geht schon seit dem Mittelalter so, dass der König, der Graf, der Fürst, die Stadt oder auch die Gemeinde sich auf diese Art zu ein bisschen Geld verhilft. Zu diesem Zweck sind Steuern ja erdacht. Die Pferdesteuer missfällt, wer hätte es gedacht, vor allem den Pferdehaltern. So wie auch den Hundehaltern die Hundesteuer missfällt. Die Hundehalter sind am ehesten mit der Pferdesteuer einverstanden, sie wären auch mit einer Katzensteuer einverstanden, sie fänden sich somit gerecht behandelt.

Ich kann mich der Argumentation der Hundehalter nicht ganz verschließen und die Argumente der Pferdehalter kommen mir nicht ganz überzeugend vor. Natürlich dient ein Pferd der Freude und auch der Gesunderhaltung des Menschen, des reitenden Menschen jedenfalls. Aber auch ein Hund erfüllt diesen Zweck, weil er ausgeführt werden muss und somit die tägliche Bewegung des Menschen an der frischen Luft fördert. Zudem kann ein Hund einem einsamen Menschen Zuwendung geben und der seelischen Gesundheit zuträglich sein, er erfüllt also oft, ähnlich wie das Pferd, einen therapeutischen Zweck.

Dass also auch der kleinste Dackel der ärmsten Rentnerin die Stadt mit seinen Steuern mitfinanzieren muss, ist schwer zu verstehen, wenn in ebenjener Stadt, wie in Hamburg zum Beispiel, stolze kleine Mädchen in schwarzweißen Reituniformen auf steuerfreien Pferden den Klövensteen volläppeln dürfen.

Nun kommt immer auch das Argument, dass es nicht zuträfe, dass nur vermögende Leute sich das Reiten oder das Halten eines Pferdes leisten können. Das Halten eines Pferdes, möchte ich aber meinen, kann sich tatsächlich keiner von Hartz IV leisten. Und auch das Reiten ist, trotz einiger gesponserter Ausnahmen, immer noch kein Sport für Arme.

Dem Dressurreiten stehe ich ohnehin skeptisch gegenüber. Die Dressur tut einem Tier in gewisser Weise immer Gewalt an. Ein Pferd, so sagte mir mal ein Reiter, würde von sich aus niemals ein Hindernis überspringen, wenn es dazu nicht gezwungen würde. Und warum zwingt man es dann dazu? Und warum soll ausgerechnet so ein Sport nicht durch eine Steuer gefährdet werden?

Im Grunde bin auch ich gegen die Steuer auf ein Tier. Aber dann eben gegen die Steuer auf jedes Tier. Das Argument, dass die Hundesteuer der Regulierung des Bestandes diene und der Bestand an Pferden nicht reguliert werden müsse, halte ich für schief. Der Hundebestand hat sich durch die Hundesteuer nicht verändert. Die meisten europäischen Länder, auch die, in denen viel mehr Hunde gehalten werden, wie zum Beispiel Frankreich und England, haben die Hundesteuer längst abgeschafft. Auch das Argument, dass Hunde die Stadt vollkoten würden, Pferde hingegen nicht, ist deshalb nicht stichhaltig, weil die Stadt die Steuer nicht mit einer Leistung koppelt. Die Hundesteuer wird nicht zur Beseitigung des Hundekotes verwendet.

Natürlich finden wir Pferdeäpfel selten in den Innenstädten, weil da keine Pferde sind. Aber da wo Pferde sind, in den Naherholungswäldern im Stadtgebiet zum Beispiel, da sind manche Wege geradezu übersät damit. Ich find's nicht schlimm. Aber ich verstehe immer noch nicht ganz, wieso der Dackel der alten Frau Schmidt besteuert werden soll, der Araberhengst vom Dr. Ritter aber nicht.

Katrin Seddig ist Schriftstellerin in Hamburg mit Interesse am Fremden im Eigenen. Ihr jüngster Roman „Eine Nacht und alles“ ist bei Rowohlt Berlin erschienen.