Alles ruhig in der WM-Stadt

Mit den Hamburger Fußballvereinen sprach Grünen-Chefin Claudia Roth über Rechtsradikalismus in den Stadien

Zur Fußballweltmeisterschaft 2006 darf er nicht erscheinen: Eine gemeinsame Initiative von Anhängern des HSV und des FC St. Pauli wollte einen Stadtführer für die Fußballfans aus aller Welt veröffentlichen. „Die Publikation sollte auch ein herzliches Willkommen ausdrücken“, betont Heiko Schlesselmann, Fan-Beauftragter des FC St. Pauli. Jedoch ist der Titel „Weltmeisterschaft 2006“ von der FIFA geschützt und die gibt eigene Publikationen heraus.

„Nun wird der Führer wohl so nicht erscheinen können“, so Schlesselmann. Da glaubte sich die Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Claudia Roth, erst mal verhört zu haben. Auf Einladung der Initiative „Laut gegen Nazis“ war Roth am Donnerstag nach Hamburg gekommen, um mit den Präsidien, Spielern und Fans beider Vereine über „Rechtsradikalismus in Fußballstadien“ zu diskutieren.

„Offen auftretende rechtsradikale Gruppen gibt es nicht“, berichtete HSV-Fanbetreuer Sven Freese beim Stadionbesuch. Und Spieler Sergej Barbarez betonte, auch „rassistische Sprüche“ oder „rechte Zeichen“ blieben weitgehend aus. Früher, das wissen alle, machte sich die Rechte in den Rängen durchaus bemerkbar. „Hat die NPD nicht schon in Nähe des Stadions Infostände gehabt?“, erkundigte sich Roth. „Ja, an S-Bahnstationen“, so Freese, „da können wir aber nicht eingreifen.“

Nach unterschwelligen Sexismen oder Homophobie fragte Roth auch am Millerntor. „Offene schwule Spieler, die hätten es in den Ligen nicht leicht“, betonte Corny Littmann, Präsident des FC St. Pauli. Wegen des antifaschistischen Engagements würde der Verein immer wieder angegriffen. Littmann: „Seit Beginn besteht das Verbot von Rechtsradikalismus am Millerntor.“

Mancher Verbandsfunktionär indes würden ihnen vorwerfen, „die Politik ins Stadion zu tragen“. Schon des Stadionsprechers Hinweis auf ein Flugblatt gegen den „Laden in der Talstraße, der rechte Mode verkauft“, habe beim DFB Bedenken ausgelöst. Und auswärts müssten die Fans oft auch ihre Antifa-Fahnen oder Transparente abgeben. Die würden provozieren, heiße es dann, erzählte Schlesselmann.

Spieler Thomas Meggle betonte, dass Neonazis eigens zu St. Pauli-Spielen anreisten, um zu stören. Öfters fahre die Mannschaft „mit Decken an den Scheiben“ in die Stadien: „Wegen Steinwürfen.“ Andreas Speit