LeserInnenbriefe
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Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von Leserbriefen vor. Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Antisemitismus bekämpfen

betr.: „Wir sind vier Monate hintendran“, taz.de vom 11. 11. 15

Der bayrische Innenminister, die AfD, konservative Publizisten und hier auch der taz-Redakteur machen sich Sorgen: Mit der Flucht von Tausenden von Menschen aus dem arabischen Raum kommen Menschen zu uns, die eventuell archaische Frauenbilder, Homophobie und eben auch Antisemitismus mit der Muttermilch aufgessugt haben und damit unsere den Menschenrechten verpflichtete Gesellschaft kontaminieren. Der Antisemitismusbeauftragte der Berliner Jüdischen Gemeinde sieht das wesentlich entspannter, und er hat recht.

Die meisten Refugees aus Syrien und dem Irak haben Schlimmes hinter sich. Die Vorstellung, diese geflüchteten Menschen hätten nach ihrer Ankunft in Deutschland nichts Besseres zu tun, als das nächste antisemitische Pogrom zu veranstalten, ist einfach nur gaga. Es gibt kein einziges antisemitisch konnotiertes Ereignis seit dem Beginn der Massenflucht im Frühsommer, sonst wäre es breit medial verwurstet worden. Es ist auch schlechterdings höchst unwahrscheinlich, dass der traumatisierte Migrant aus Syrien seine Lage auf eine Weise verarbeitet, die „dem Juden“ die Schuld für sein Elend gibt.

Fazit: Antisemitismus muss bekämpft werden, wo er sich äußert, immer und überall. Dem in der deutschen Gesellschaft immer noch verankerten „Gerücht über den Juden“ jetzt noch ein „Gerücht über den arabischen Muslim“ hinzuzufügen, sollten wir auf jeden Fall vermeiden. THEA, taz.de

Keine Demo für Kinder

betr.: „In Kreuzberg wären wir mehr gewesen“, taz vom 9. 11. 15

Die Einschätzung von Hannah Wagner, das Problem sei, dass die AfD von den Medien zu bürgerlich dargestellt und zu wenig ausgegrenzt werde, teile ich nicht. Das bürgerliche Image gibt sich die AfD selbst – und gerade eine Gesellschaft, die das Eintreten gegen deren giftige, entsolidarisierende Mobilmachung allein der Antifa überlässt, macht es sich zu bequem und sorgt dafür, dass der AfD genau das gelingt.

Die Woche davor war ich zwischen beiden Demos. Natürlich war es wieder alarmierend und ekelhaft, wie Gauland und Konsorten unter Berufung auf Kant (!) und Goethe polemisierten und Angst schürten. Aber das Skandieren der Gegendemonstranten „Halt die Fresse! Halt die Fresse!“ und das Blockieren der Demonstra­tionsroute scheint mir jedenfalls auch kein dauerhaft hilfreicher Beitrag zu sein.

Am Montag darauf meldeten alle Berliner Medien, 350 Menschen seien dem Aufruf der Parteien des Abgeordnetenhauses gefolgt und hätten für ein tolerantes und weltoffenes Berlin demonstriert. Und in der Ankündigung der Veranstalter für die hier besprochene Gegendemo am 7. 11. war zu lesen, man werde sich spontan zu diversen „Aktionen“ verabreden, denn die „Bullen“ könnten so eine lange Demonstrationsroute nicht sichern. Soll ich zu einer solchen Demonstration mit meinen Kindern gehen? Nein. Und ich werde auch allein nicht wieder hingehen.

CLEO CIFARELLI, taz.de

Wer nicht zur Demo geht

betr.: „In Kreuzberg wären wir mehr gewesen“, taz v. 10. 11. 15

Zur geplanten Mobilisierung des „breiten Teils der Bevölkerung“ ist anzumerken, dass sich politisch interessierte BürgerInnen, die sich weder von rechts noch links instrumentalisieren lassen, kaum an einer Demo beteiligen werden, die von der Antifa organisiert wird. Zwischen den gesellschaftlich akzeptierten Ausdrucksformen der „breiten Bevölkerung“ und der Antifa liegen Welten, und das wird wohl eher der Grund für die geringe Beteiligung sein als der Veranstaltungsort „weit weg von den Wohnkiezen“. RENATE RYCHLIK, Berlin

Beteiligte müssen schweigen

betr.: „Ins Wachkoma gestürzt“, taz.de vom 11. 11. 15

„Aber dann beginnen die Versuche der Verantwortlichen, sich von Schuld reinzuwaschen …“ Dahinter stecken doch immer nur die Haftpflichtversicherungen und meist gar nicht die Verantwortlichen. Um den Versicherungsschutz nicht zu verlieren, müssen die Beteiligten schweigen. Danach haben die Sachverständigen das Wort, und die sind unter Kontrolle der Versicherungswirtschaft. Wer nicht spurt, wird bei zukünftigen Gutachten abgelehnt. Und die Richter sind alle nicht sachkundig und müssen den Sachverständigen alles glauben. CLEO, taz.de