Krawalle bei Gedenkmarsch

GRIECHENLAND Ein Jahr nach dem Tod eines 15-Jährigen durch eine Polizeikugel kommt es in Athen erneut zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten

Einige der Demonstranten riefen „Polizisten, Schweine, Mörder“

ATHEN afp/rtr | Ein Jahr nach dem gewaltsamen Tod eines Jugendlichen in Griechenland ist es am Sonntag bei der zentralen Gedenkveranstaltungen zu Krawallen gekommen. Vermummte Jugendliche scherten aus einem Demonstrationszug durch Athen aus und zerstörten Schaufenster, setzten Mülleimer in Brand und warfen Steine auf Beamte. Die Polizei setzte Tränengas ein. Am 6. Dezember 2008 war ein 15-Jähriger im Stadtteil Exarchia durch eine Kugel aus der Waffe eines Polizisten getötet worden. Dies löste Straßenschlachten aus, die von der Wut über die hohe Arbeitslosigkeit und die schlechte wirtschaftliche Lage angefacht wurden. Bei den wochenlangen Krawallen entstanden Schäden in Millionenhöhe.

„Wir setzen an mehreren Fronten Tränengas ein“, sagte ein Polizist, der namentlich nicht genannt werden wollte. An dem Protestzug in Athen beteiligten sich mehr als 3.000 Menschen. Einige in Schwarz gekleideten Demonstranten riefen „Polizisten, Schweine, Mörder“. Die neue sozialistische Regierung hatte 6.000 Beamte in die Straßen der Hauptstadt beordert in der Hoffnung, eine Wiederholung der Gewalt verhindern zu können.

Im nordgriechischen Thessaloniki kam es zu Scharmützeln zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Als Brandsätze flogen, setzte die Polizei Tränengas ein. Mehrere Geschäfte wurden zerstört. Schüler und Studierende sowie Gewerkschaften kündigten auch für Montag Kundgebungen an.

Bei einer kleinen Gedenkzeremonie am Grab des im Alter von 15 Jahren getöteten Alexandros Grigoropoulos rief die Mutter zu friedlichen Protesten auf, um das Andenken an ihren Sohn zu wahren. Die Regierung warnte vor einem Wiederaufflammen der Gewalt. Der für die Polizei zuständige Minister Michalis Chrysohoidis hatte vergangene Woche gedroht, die Regierung werde eine Wiederholung des „Szenarios von Gewalt und Terror im Zentrum von Athen“ nicht tolerieren. Laut einer am Sonntag in der Zeitung To Vima veröffentlichten Umfrage befürchteten viele Griechen jedoch eine neue Welle der Gewalt.

Am Samstagabend startete die Polizei Razzien, nachdem im Athener Stadtteil Exarchia, in dem Grigoropoulos vergangenes Jahr getötet wurde, zwei Autos in Brand gesetzt wurden. Allein in Athen nahm die Polizei mehr als 70 Menschen fest. In einem mutmaßlichen Versteck von Anarchisten fanden die Beamten Benzinkanister, Hammer und Gasmasken. In Thessaloniki wurden am Samstagabend nach einer Demonstration von rund 500 Menschen zwölf Teilnehmer festgenommen.

Staatspräsident Karolos Papoulias hatte die Bevölkerung am Freitag in einer Ansprache zu Ruhe und Besonnenheit aufgerufen. Im Zusammenhang mit der Tötung des Jungen soll sich ein Polizist ab dem 20. Januar vor Gericht wegen Mordes verantworten.