Der Sonderermittler im Weißen Haus

Seit Tagen hat die Washingtoner Meute jeden seiner Schritte beobachtet. Registrierte, wie lange er wo mit wem verbrachte, um daraus das Schicksal der Regierung abzuleiten. Diese ist offenbar hemdsärmlig genug, um Kritiker wie den Exbotschafter Joseph Wilson auf ungewöhnliche Weise anzugreifen. Ob dies wirklich so war, sollte Staatsanwalt Patrick J. Fitzgerald ermitteln. Deshalb konzentrierte sich das politische Amerika gestern auf seinen Zwischenbericht.

Der 45-Jährige selbst hat seine Rolle perfekt ausgefüllt. Er gilt nicht nur seinen Bewunderern als gewissenhaft, detailsicher und zupackend. Als ihn US-Generalstaatsanwalt James Comey am 30. Dezember 2003 mit dem Amt des Sonderermittlers im so genannten CIA-Enttarnungs-Fall der Valerie Plame betraute, sagte er, Fitzgerald besitze die notwendigen Fähigkeiten und die persönliche Integrität. „Er ist der perfekte Mann dafür.“

Warum war sich Comey so sicher? Weil Fitzgerald als völlig unpolitisch gilt. Ein Ermittler, der sich, ganz anders als der rasende Kenneth Starr, der Bill Clinton mit der Lewinsky-Affäre gerne zu Fall gebracht hätte, nicht in den Dienst der Politik stellen lässt. Schon in Chicago hatte er die Ermittlungen im Korruptionsfall „Operation Safe Road“ 1998 übernommen. In deren Verlauf verurteilte er 73 Profiteure beider politischer Parteien. Persönlich setzte sich Fitzgerald für die Verringerung des Schusswaffengebrauchs in den Ghettos von Chicago ein. International bekannt wurde er durch die Verurteilung von Scheich Omar Abdel Rahman. Dem wies er nach, das Bombenattentat im World Trade Center 1993 geplant zu haben. Er ermittelte auch gegen Ussama Bin Laden und 23 andere Verdächtige, die er für die Attentate auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania 1998 und andere „Verbrechen gegen die Vereinigten Staaten“ verantwortlich machte.

Kurz vor dem 11. September ernannte ihn Präsident Bush zum Staatsanwalt für Nord-Illinois. In dieser Rolle hat er über 300 Angestellte unter sich, darunter 161 Assistenzstaatsanwälte, die von Amtsmissbrauch bis Zuhälterei alles verfolgen.

Bei der Aufnahme seiner Ermittlungen im Weißen Haus stand stets außer Zweifel, dass sich der allein lebende Fitzgerald mit organisierter Kriminalität und Terrorismus auskennt. Der Sohn irischer Einwanderer wuchs in New Yorks Stadtteilen Brooklyn und Manhattan auf. Brachte es sein Vater nur bis zum Türsteher, schaffte es Fitzgerald dank guter Noten auf die Harvard-Universität, wo er Jura studierte. Zuvor hatte er schon Wirtschaft und Mathematik am Amherst College studiert.

ADRIENNE WOLTERSDORF

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