LeserInnenbriefe
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Französische Militärpräsenz

betr.: „Mali sucht Terror-Verdächtige“, taz vom 23. 11. 15

Die Aussage, „Anfang 2013 musste Frankreich mit Tausenden Soldaten einmarschieren, um die Herrschaft der Islamisten zu zerschlagen“, stellt die Tatsachen auf den Kopf. Es gab damals in Mali zivilgesellschaftliche Kräfte, die sich aktiv für die Lösung des Konflikts im Norden eingesetzt haben. Das militärische Eingreifen der Franzosen in Mali hat damals nicht zur Lösung des Konflikts, sondern eher zu dessen Verstärkung und Ausbreitung auf das ganze Land beigetragen. Schaut man sich das Vorgehen Frankreichs in Mali und den benachbarten Ländern genauer an, verstärkt sich der Eindruck, dass dieses Vorgehen eher von dem Ziel geleitet war und ist, die Kontrolle über die Rohstoffreserven Westafrikas zu erlangen und die französische Militärpräsenz in der Sahelzone auszubauen. ANDRÉ MARTIN, Göttingen

Gewohnheitsrecht Kriegführung

betr.: „Kampf dem IS-Terrorismus“, taz vom 23. 11. 15

Beim Einsatz der Anti-IS-Koalition wird der Öffentlichkeit wieder Sand in die Augen gestreut. Bisher setzte man auf Waffenlieferungen und vor allem Bombenangriffe. Wäre aber selbst im Bürgerkriegsfalle die Bombardierung europäischer Staaten bis hin zum Ural heute vor der Weltöffentlichkeit kaum vertretbar, gilt die Bombardierung der zur Hochburg des IS gewordenen nordsyrischen Stadt Rakka als notwendig oder gar als Lösung des syrischen Konflikts. Dabei leben in der Stadt mehrere hunderttausend Zivilisten. Sie haben weit weniger Anteil am Erstarken des IS als die bombengeplagten Deutschen im Zweiten Weltkrieg, die Hitler bis weit in den Untergang hinein noch unterstützten.

Als die ganze Welt am 8. Mai 1945 aufatmete und den Frieden feierte, begann die „Grande Nation“ einen fast 20 Jahre dauernden Kolonialkrieg; am 8. Mai 1945 schlugen Französische Truppen in der algerischen Stadt Sétif einen Aufstand nieder, bei dem 10.000 Algerier umkamen. Bei einer Revolte in der Kolonie Madagaskar starben bis zum 30. März 1947 80.000 Menschen. Bereits am 19. Dezember 1946 begann der französische Kolonialkrieg in Indochina. Er dauerte bis Mai 1954 und forderte 800.000 Opfer. Nicht zu vergessen die Schlacht um Algerien, die 1962 endete und mindestens einer Million Menschen das Leben kostete. Auch nach der Endkolonialisierung brach Frankreich fast ununterbrochen zu Militäreinsätzen mit und vor allem ohne UN-Mandat im frankofonen Afrika auf. Niemand in Paris konnte daher überrascht sein, als Hollande jetzt „den Barbaren“ den Krieg erklärte. Die politische Elite sieht in der Kriegsführung – parteiübergreifend – seit der Monarchie und Napoleon eine Art Gewohnheitsrecht. SVEN BOHL, Niebüll

Übles Spiel

betr.: „Kontingentlösung heißt Begrenzung“, taz vom 23. 11. 15

Ein Flüchtlingskontingent ist die Anzahl von Flüchtlingen, die ein Staat sich verpflichtet aufzunehmen – oder zu der er verpflichtet würde. Es befreit diesen Staat nicht davon, daneben auch weitere Flüchtlinge aufzunehmen, wenn die humanitäre Situation ihn rechtlich dazu zwingt. Auch eine „Begrenzung“ hilft da nichts. Und die meisten Flüchtlinge gemäß dem Dublin-Verfahren nach Griechenland zurückzuschicken? Was Herr Seehofer und Herr de Maizière Land auf Land ab in den Medien verbreiten lassen, hat nichts mit fehlendem Menschenverstand zu tun, sondern sie verbreiten bewusst Lügen, um ein übles Spiel zu spielen. JÖRG KAHL, Fischbachau

Angst gegen Trotz

betr.: „100 Gründe, cool zu bleiben“, taz vom 20. 11. 15

Also, ich kann auch nicht immer die ganze Welt im Kopf haben, muss auch noch mal kochen. Egal , ob flach oder nicht: Nur der Intellekt hilft auch nicht bei der Dauergrätsche zwischen Angst und Trotz. Das kriegte der Cartoon auf Seite 12 ganz gut hin, fast ohne Worte : Angst gegen Trotz 0:0, für wen bist du?

Ansonsten: kein Krieg, keine Waffen liefern, jede mögliche Prävention, um weitere „Verlorene Jugend“ zu verhindern, wachsam sein, den Spaltungszielen der Islamofaschisten nicht auf den Leim gehen! ILONA HORN, Marburg

Leben und leben lassen

betr.: „Holt den Oldtimer raus aus der Stadt“, taz vom 20. 11. 15

Ja, ich bin bekennender 63er (fahre zwar nur Oldtimer-Motorräder, dafür aber gleich mehrere, und sogar noch einige stinkende DDR-Zweitakter!) Dafür allerdings leiste ich mir nicht alle zwei bis drei Jahre ein neues Auto, jette nicht mehrmals im Jahr zwecks Urlaub in ferne Regionen (um genauer zu sein: nie), dusche nicht dreimal täglich und gehe nicht zuletzt meinem Umfeld sommers nicht mit täglichen Grilleskapaden auf den Sack. Rauchen tu ich auch nicht, obwohl mir das schon schwerer aus der Tastatur kommt, weil mir die allgegenwärtige Raucher-Hetzjagd auch auf den Keks geht. Leute: leben und leben lassen! Nicht immer versuchen, die Welt mit einfachen Lösungen zu beglücken! HEINZ SPEIDEL, Reutlingen